Zumindest hatten wir einen schönen Segelnachmittag. Eigentlich hätte es nicht bei einem Nachmittag bleiben sollen, denn wie der Name schon sagt dauert die 24 Stunden Regatta nicht sechs Stunden, sondern viermal so lange. Allerdings haben die Warnleuchten rund um den See gegen 18 Uhr ihre Frequenz von 60 Blitzen auf 90 Blitze die Minute geändert und das heißt Sturmwarnung und somit Abbruch der Regatta.
Seit einer guten Woche bin ich zurück in Deutschland und kurz nach der Ankunft kam schon die erste Einladung zum Segeln. Lu, der uns zusammen mit Carina auf ihrer „Olive“ die ersten Wochen unserer großen Reise begleitet hat, fragt ob ich die 24 Stunden Regatta am Ammersee mit ihm und Hias segeln möchte. Tolle Crew und tolles Boot, was für eine Frage – klar habe ich Lust! Leider ist Hias zum Start nicht ganz fit, lässt es sich aber nicht nehmen, uns mit seinen leckeren Fleischpflanzerln für die Regatta zu versorgen (Danke Sonja und Hias!). Da auch Riki noch nicht 100% fit ist, springt kurzfristig Thomas ein, der mit mir 2012 über den indischen Ozean von Thailand nach Südafrika gesegelt ist. Los geht es am Samstag Vormittag in Riederau am Ammersee. Wir beladen die „Olive“ mit Ölzeug, Schwimmwesten und Lebensmitteln für die nächsten Wochen… wie lange wollten wir segeln? 24 oder 240 Stunden? Naja, verhungern würden wir nicht.
Bis zur Startlinie ist es nicht weit und etwa eine Stunde vor dem Startschuss drehen wir unsere Runden und spielen uns etwas ein. Der Wind ist mit drei bis vier und später fünf bis sechs Windstärken vorhergesagt und wir erwarten, dass es keine Kaffeefahrt wird. Über 100 Boote sind am Start und dementsprechend eng wird es an der Linie. Wir entscheiden uns, eher im Lee zu starten, wo wir etwas mehr Manövrierraum haben. Leider schwächt der Wind eine Minute vor dem Start ab und dreht etwas, so dass wir wenden müssen und nicht ganz ideal starten. Durch unsere Wende sind wir auf Backbordbug und haben somit Wegerecht vor den anderen Booten, somit kommen wir dann doch noch ganz gut über die Linie. Der Wind ist böig mit drei bis vier Windstärken und mit unserem großen Vorsegel legt es uns in den Böen teilweise weit über, was uns aber gleichzeitig Höhe beschert, die wir brauchen um an die nächste Tonne zu kommen. Leider nicht genug Höhe, und wir müssen, wie die meisten anderen Boote auch, zwei Wenden fahren, bevor wir um die Tonne segeln. Es läuft gut, die Stimmung ist gut und nach der nächsten Tonne im Norden des Sees wird es auf einem Raumwindkurs etwas ruhiger an Bord.
Drei Stunden nach dem Start haben wir die erste Runde beendet und ein paar Plätze gutgemacht. Der Wind hat etwas nachgelassen und während der zweiten Runde können wir abermals den ein oder anderen Platz aufholen. Kurz vor dem Ende der zweiten Runde legt der Wind kräftig zu und wir beschließen, die große Genua gegen die kleinere Fock auszutauschen. Kaum ist die Entscheidung gefallen, fegen starke Böen durchs Rigg und der Vorsegelwechsel kostet uns etwas Zeit. Da aber auch die anderen Boote ihre Segel reffen und wechseln, verändert sich nicht viel an den Platzierungen. Neben uns kentern zwei Kinder im Laser und können ihre Boote bei dem kräftigen Wind nicht mehr aufrichten, und auch etwas voraus sehen wir gekenterte Katamarane und Jollen. Wir rufen die Wasserwacht für die beiden gekenterten Kinder, aber gleichzeitig sehen wir, wie schon ein Boot der Feuerwehr zur Hilfe kommt. Trotz Fock, auch für unsere Segelfläche ist der Wind eigentlich noch zu stark, aber um nicht noch mehr Höhe zu verlieren, beschließen wir das Großsegel erst nach der Wendetonne zu reffen und kämpfen uns Böe um Böe die letzten Kabellängen zur Boje. Für die zweite Runde haben wir wieder ziemlich genau drei Stunden gebraucht und kurz nach dem Reffen des Groß und dem Start der dritten Runde ändert die Frequenz der Warnlichter auf 90 Blitze – Sturmwarnung und somit Regattaabbruch. Schade.
Etwas niedergeschlagen segeln wir zurück zur Boje und kaum ist die Olive fest und die Segel abgeschlagen, lässt der Wind nach und bis zum Sonnenuntergang herrschen traumhafte Segelbedingungen. Trotz, dass die „Olive“ noch lange nicht am Limit und wir etwas enttäuscht waren – der Abbruch der 24 Stunden Regatta war gerechtfertigt und über die Nacht zogen noch einige kräftige Gewitterfronten mit Blitz, Donner, Starkwind und Platzregen über den See. Und wir hatten anstatt einer nassen Nacht an Bord einen gemütlichen Abend auf der Terrasse. Und das gute daran – wir müssen uns auch heute nicht überlegen, was es zu essen gibt – Fleischpflanzerl natürlich.
Freiheit auf Zeit – Weltumsegler erzählen (Kristina Müller)
Jede Weltumsegelung ist eine Liebesgeschichte. Erzählt von Männern und Meeren, von Frauen und Freiheit. Und von der Verwirklichung lang gehegter Träume.
Vor diesen Geschichten sei gewarnt. Sie können akutes Fernweh auslösen und Reisefieber verursachen, bis hin zu dem drängenden Verlangen, jetzt, gleich und hier alles stehen und liegen zu lassen, auf ein Boot zu steigen und davon zu segeln…
Zwölf Weltumsegelungen – zwölf ganz unterschiedliche Geschichten – unter Anderem die Geschichte unserer Weltumsegelung mit der Ivalu von 2010 bis 2013
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