Endlich Salzwasser!

Nach genau einem Monat und 399 Seemeilen (740 km) schwimmt die aracanga jetzt im Salzwasser. Und zwar an der südfranzösischen Küste im Hafen von Port St. Louis du Rhône, dem Übergang vom Fluss Rhône zum Mittelmeer. Etwas Statistik gefällig? Von Start bis zur Ankunft im Mittelmeer waren wir 30 Tage unterwegs, mit einem ungeplanten Zwischenstopp von 12 Tagen in Deluz. An den restlichen 18 Tagen haben wir 126 Stunden motort und dabei 115 Schleusen durchfahren, die größte davon mit 22,5 Meter Höhenunterschied. Insgesamt hat unser Motor nur 77 Liter Diesel verbraucht, was einen Durchschnittsverbrauch von gerade einmal 0,6 Litern / Stunde bedeutet.

Auch wenn, bedingt durch den niedrigen Wasserstand des Rhein-Rhône-Kanals, nicht ganz alles so geklappt hat wie ursprünglich geplant, hatten wir eine tolle Zeit auf den französischen Binnenwasserstraßen und würden die Reise sofort wieder so starten. Der erste Monat war eine gute Zeit, um sich an das Boot und das Leben an Bord zu gewöhnen, ohne dass einem bei jeder Welle der halbe Hausstand um die Ohren fliegt.

Der letzte Abschnitt der ersten Etappe, die Rhône, war gleichzeitig der raueste Teil. Während die Saône ruhig und gemächlich und praktisch ohne Strömung vor sich hin plätschert, geht es auf der Rhône schon mehr zur Sache. Trotz des niedrigen Wasserstands hatten wir permanent einen Knoten Schiebestrom und abschnittsweise bis zu drei Knoten Strömung mit uns. Gleichzeitig ist es auf der Rhône deutlich windiger als weiter nördlich. Das Rhônetal ist bekannt dafür, dass sich hier der Mistral entwickelt, ein oftmals stürmischer Wind aus nordwestlicher Richtung, der das Seegebiet zwischen Frankreich, Korsika und Mallorca zu einem Hexenkessel verwandeln kann. Wir hatten zwei Tage leichten Mistral, der uns zusätzlich zur Strömung angeschoben hat. Die anderen beiden Tage auf der Rhône hatten wir Südwind, also aus der entgegengesetzten Richtung. Wind gegen Strömung bedeutet eine kurze, steile Welle und Schaukelfahrt. Ein erstes Schnuppern für Boot und Crew, wie es dann auf dem Meer sein wird, wenn man nicht mehr die Kaffeetasse einfach so auf dem Tisch abstellen kann.

Während der Reise auf der Rhône konnte man richtiggehend zusehen, wie sich Landschaft und Natur langsam ändern und mehr und mehr mediterran werden. Unser erster Stopp war in der Stadt Vienne, wo wir ein belgisches Boot getroffen haben, das in entgegengesetzter Richtung unterwegs war und uns mit ein paar guten Tipps zu schönen Anlegestellen versorgt hat. Leider gibt es auf der Rhône nur wenige Anlegestellen, da der Fluss hauptsächlich kommerziell genutzt wird und nur wenige Freizeitskipper unterwegs sind. Und ein Teil dieser wenigen Anlegestellen für Sportboote kommt für uns nicht in Frage, wie immer wegen unseres Kiels. Ist halt doch in erster Linie ein Motorboot- und kein Segelbootrevier… Die zweite Nacht sind wir in einem Nebenarm an einem kleinen, idyllischen Steg gelegen und danach in Viviers, einer malerisch schönen und verschlafenen Kleinstadt mit massiver Befestigungsanlage, in der man gar nicht weiß, was man zuerst fotografieren soll. Next Stopp: Avignon, der Klassiker unter den Städten an der Rhône. Man fährt zunächst an der Stadt vorbei und biegt dann unterhalb in den anderen Arm der Rhone ein, um dann von Süden kommend am Papstpalast und der berühmten Brücke von Avignon vorbei an einem kleinen Anleger in unmittelbarer Nähe zur besungenen Brücke und zur Altstadt festzumachen. Neben all den Highlights der Stadt gibt es noch eines, das in keinem Führer steht: In der Capitainerie steht eine Waschmaschine zur kostenlosen Nutzung. Wir sind am späten Nachmittag in der Stadt angekommen, so dass wir den Abend und den darauffolgenden Tag nutzen konnten, die Stadt zu erkunden. Erst gegen 17 Uhr sind wir dann abgelegt, um die 20 Kilometer zu unserem letzten Stopp vor dem Meer zu fahren, Vallabrégues kurz vor der gleichnamigen Schleuse. 

Apropos Schleuse: Auf der Rhone durchfährt man eine ganze Reihe an Großschifffahrtsschleusen, die mit knapp 200 Metern Länge eine beeindruckende Größe haben. Durch die meisten dieser Schleusen sind wir allein gefahren, nur zwei Mal mussten wir die Schleusenkammer mit einem großen Schiff teilen, einmal mit einem Flusskreuzfahrer und einmal mit einem Kohletransporter. Die Schleusen haben eine Hubhöhe von zwischen 8 Metern und 22,5 Metern (Schleuse Bollène) und sind mit Schwimmpollern ausgestattet, die mit dem Wasserstand hoch- und runterfahren. Das macht das Schleusen zum Kinderspiel: Reinfahren, festmachen, abwarten, rausfahren. Nicht an den Leinen zerren wie in den kleinen Kanalschleusen und auf der Saône.

Auf die letzten Kilometer wird der Fluss sehr breit und in nicht allzu weiter Ferne kann man schon das Meer riechen. Aufs Mittelmeer fährt man nicht durch die natürliche Mündung des Flusses, sondern biegt kurz zuvor links ab durch eine Sperrschleuse in den Hafen des gleichnamigen Ortes Port St. Louis du Rhône. Die Mündung des Flusses mit seinen sich ständig in Bewegung befindlichen Sandbänken und Untiefen ist den ortskundigen Fischern überlassen. Wir liegen jetzt in gerade erwähntem Hafen und bereiten alles vor, dass morgen unser Mast gestellt werden kann.

Hier haben wir auch gleich noch ein riesiges Feuerwerk und eine Vorführung der französischen Seenotretter und Marine bekommen, die als Rahmenprogramm zum hiesigen Hafenfest mit Seenotkreuzer und Hubschrauber eine beeindruckende Show vorgeführt haben. Gut zu wissen, dass es Menschen wie die Seenotretter gibt, die ihr Leben freiwillig riskieren, um Menschen in Not zu helfen. Und hoffentlich wird man sie nie rufen müssen.

Und wie geht es weiter? Auf nach Mallorca, 260 Seemeilen. Kommende Woche geht es los.

Viele liebe Grüße von Bord der aracanga,

Riki und Martin

 

 

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Kaffeekasse

7 Kommentare

  1. Torsten Heimbrock

    Ich bin komplette Landratte und frage mich beim Folgen: Wieso quält man sich durch die ganzen Kanäle und Schleusen? Ist es nicht genauso schnell, “einfach” außen rum? Also Ärmelkanal, Biskaya, usw.
    Was sind die Nachteile?

    • Die Schleusen können anstrengend sein, aber die ganze Kanalfahrt an sich ist einfach nur wunderschön und wir würden sie auch sofort wieder machen, allerdings nur mit einem Boot mit weniger oder variablem Tiefgang.
      Da ich bei meiner ersten Weltumsegelung 2010 die Tour “außenrum” gemacht habe wollte ich dieses Mal was anderes machen und beides ist auf seine Art und Weise schön.
      Einfacher allerdings ist die Kanalfahrt, hier hat man keine Tide, kann bei quasi jedem Wetter raus und ist immer geschützt unterwegs, Nordsee, Ärmelkanal, Biscaya und Atlantik sind da deutlich anspruchsvoller.

  2. Ich drücke euch die Daumen für die erste Etappe – was habt ihr eigentlich für tolle Klamotten an?

  3. Dora@zinnfiguren.de

    Wir sehen euch! Ziemlich sicher!

  4. Wolfgang Finkbeiner

    Hallo Rikki und Martin, eben habe ich eure Neuigkeiten gelesen du euch beneidet, solch ein Erlebnis wie eine Weltumsegelung vor euch zu haben. Die Bilder erinnerten mich auch an all das, was Ella und ich in vielen Jahren erlebt haben. Allerdings weniger auf dem Meer als auf Land. Aber auch das hatte seine Vorteile. Ich wünsche euch weiterhij alles Gute und grüße ganz herzlich Opa und Regina

  5. Dora@zinnfiguren.de

    Wir warten! Schauen schon die ganze Zeit nach roten Booten!
    Sagt Bescheid, wenn wir auf´ s Meer schauen müssen
    Bis dann
    Katalin u Dora

  6. Anton Eichelhard

    Es war immer mein Traum selbst eine große Reise zu machen. Leider nie die Freiheit genommen.

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