Belize – am zweitlängsten Riff der Welt

Martin am Bug der ARACANGA während der Navigation durchs Riff von Belize
Navigation auf Sicht

Von Garbutts Cay aus, wo der letzte Blogeintrag endet, motoren wir bei Windstille die vier Meilen nach Südosten zum berühmten Riff von Belize, dem zweitlängsten Riff der Welt, welches seit vielen Jahren ein Traumziel von uns ist. Mit unseren zwei Metern Tiefgang und Kartentiefen zwischen ein und fünf Metern freuen wir uns ausnahmsweise über die absolute Flaute und fahren langsam unter Maschine. Die Seekarte beschreibt dieses Gebiet mit diversen Warnungen wie „numerous coral heads“ und „incomplete surveyed“. Das Wasser ist glasklar, ich stehe am Bug und halte Ausschau nach Korallenblöcken und Sandbänken, während Riki die ARACANGA steuert. Kira hilft fleißig, Ausguck zu gehen, und Naia macht Mittagsschlaf. Unter dem Boot ziehen bunte Korallen an uns vorbei, das Wasser ist so kristallklar, dass wir jede Farbnuance erkennen. Barrakudas und Adlerrochen ziehen ihre Runden durchs Riff und lassen sich von unserer Anwesenheit nicht stören. Das Ganze ist aufregend und schön, die Wassertiefe von teilweise nur knapp drei Metern geben der kurzen Überfahrt eine gewisse Spannung. Das Wetter soll ruhig bleiben in den kommenden Tagen, perfekt, um vor Tobacco Caye zu ankern.

Am Riff von Belize

Tobacco Caye ist eine Insel auf dem Riff von Belize.
Tobacco Caye liegt auf dem Barriereriff

„Poor holding“ heißt es in der Seekarte, denn der Grund ist von dichtem Seegrass bewachsen. Auf zweieinhalb Metern Wassertiefe lassen wir den Anker und ordentlich Ankerkette hinunter, bevor wir jedoch Rückwärtsgas geben, um den Anker in den Grund einzugraben, springt einer mit Taucherbrille ins Wasser und stößt den Anker mit seiner Spitze kräftig durch Seegras und Wurzeln in den darunterliegenden Sand. Rückwärtsgas – Anker hält.

Hier auf Tobacco Caye gibt es, was die Kids auf den letzten Inseln vermisst haben: Sandstrand und viel Platz zum Rennen und Toben. Dazu glasklares Wasser zum Schnorcheln, Korallen und Rifffische, Haie und Rochen, Kormorane, Pelikane und Seeadler. Außerhalb des Riffs sehen wir gleich zwei riesige Mantarochen springen und Kira, die seit über einem Jahr davon redet, sieht endlich ihren ersten Hai beim schnorcheln, einen etwa eineinhalb Meter langen Ammenhai.

Ahoi Ivalu! Ahoi Familienbesuch!

Die Ivalu in Belize
Ahoi Ivalu!

Hier auf Tobacco Cay erwarten wir außerdem Besuch: Die Eltern / Schwiegereltern / Oma und Opa / Lilli und Peter sind mit der Ivalu auf dem Weg von der kleinen kolumbianischen Insel Providencia zu uns nach Belize. Wir freuen uns riesig, dass es mit einem Treffen klappt und verabreden uns bei Tobacco Island, wo es nicht nur einen traumhaften Ankerplatz, sondern auch einen sicheren Pass durch das Barrierriff gibt.

Auf dem AIS können wir die Ivalu auf den letzten Meilen sehen und rechtzeitig ins Dinghy springen, um sie auf den finalen Metern durch das Riff und zum Ankerplatz zu begleiten. Sobald die Wellen innerhalb des Riffs kleiner werden steuern wir längsseits und klettern an Bord. Die Wiedersehensfreude ist riesig. Das letzte Mal haben wir die Ivalu in Antigua im Dezember 2022 getroffen. Danach ging unser Weg via den großen Antillen nach Guatemala und die Ivalu segelte die Südroute via kleinen und holländischen Antillen, Kolumbien und Panama hier her.

Keine Gute Idee

Wir bleiben zunächst eine Nacht und lassen uns am darauffolgenden Tag dazu hinreißen, trotz des angesagten Tiefdruckgebiets und Winddrehers, noch eine zweite Nacht zu bleiben, weil es gar so schön ist. Eigentlich wissen wir es besser. Eigentlich wissen wir, dass das keine gute Idee ist. Es sind zwar nur 15 Knoten Wind vorhergesagt, aber ungeschützt zu liegen, mit dem Riff im Rücken und wenigen Ausweichmöglichkeiten, ist nie ein guter Plan.

Riff in Belize
Wunderschön und ebenso gefährlich: Riffe

Gegen Mitternacht dreht der Wind von Ost auf Nordost auf Nord auf Nordwest, außerdem nimmt er zu, von 10 auf 15 auf 20 auf 30 Knoten. Wir liegen völlig ungeschützt bei relativ starkem Wind und schlechtem Ankergrund. Um 02 Uhr ist es dann so weit: unser Anker rutscht und wir treiben aufs Riff zu. Die über 180 Grad Winddreher haben den Anker aus dem Grund gedreht und in dem dichten Seegras findet er keinen neuen Halt. Wir sind glücklicherweise wach und an Deck. Es geht schnell und routiniert: Maschine an, Anker hoch. Zwei Ankerversuche später haben wir das Gefühl, dass er wieder hält. Der Wind bläst mit 30 Knoten, die Welle nimmt zu, das Wasser ist flach und hinter uns ist das Riff. Wir bleiben im Cockpit und beobachten die Lage. Um 04 Uhr dann wieder: Der Anker rutscht und wir driften. Diesmal entscheiden wir uns, trotz der Dunkelheit unserer von vor ein paar Tagen aufgezeichneten Route zu folgen und aus dem gefährlichen Riffgebiet herauszufahren. Anker hoch und los. Wind, Welle und Strömung sind gegen uns, die Wellen spritzen teilweise bis ins Cockpit und schütteln unser knapp 20 Tonnen schweres Boot ordentlich durch. Mit teilweise nur eineinhalb Knoten Geschwindigkeit motoren wir durch das flache, von Riffen gespickte Wasser nach Nordwesten. Etwa zwei Stunden später, kurz nach Sonnenaufgang, sind wir im tieferen Wasser und ändern unseren Kurs nach Südwest. Der Wind ist unverändert stark, kommt aber nicht mehr direkt von vorne. Die Welle kommt jetzt von der Seite und wir rollen weit über, unter Deck scheppert es und irgendetwas fliegt durch die Kabine. Trotzdem, jetzt ist alles gut. Also Maschine aus, Segel hoch und Kaffee.

Die ARACANGA unter Segeln in Belize
Unsere ARACANGA unter Segel

Über Funk sind wir mit der Ivalu in Kontakt und verabreden uns für den Abend bei den Pelican Cayes, einer sehr tiefen, aber sicheren Ankerbucht, an der wir zuvor schon einmal waren. Wir kommen am späten Vormittag an und gehen auf 18 Meter Wassertiefe vor Anker. Der Anker der Ivalu hält glücklicherweise die ganze Nacht, so dass sie abwarten, bis der Wind etwas nachlässt und sich dann auf den Weg von Tobacco Caye zu uns machen können. Am Abend gönnen wir uns ein leckeres Abendessen bei Kim und Dustin, die eine kleine Bar auf Hideaway Caye in den Pelican Cayes betreiben.

Semmeln backen, Brötchen verdienen

Riki am Backen
Riki im Backwahn

Der nächste Tag beschert uns wunderbares Segeln nach Placencia, wo die Ivalu am darauffolgenden Tag offiziell in Belize einklariert und wir den Zwischenstopp nutzen, um ein paar Vorräte aufzustocken. Belize ist leider deutlich teurer als Guatemala, von dem her kaufen wir nur das Nötigste. Als wir zehn Kilo Mehl auf den Kassentisch legen, staunt die Dame hinter dem Tresen. Mehl brauchen wir immer viel, um frisches Brot zu backen, heute jedoch will Riki es wissen: Die Hälfte des Mehls wird am Abend gleich verbacken, heraus kommen etwa 70 Semmeln, die wir am kommenden Morgen mit dem Dinghy ausfahren und verkaufen. Die zwei großen Körbe verkaufen sich im wahrsten Sinne des Wortes wie warme Semmeln, und schon nach zwei solcher Semmelrunden haben wir eine kleine Stammkundschaft und Einkunftsquelle.

Riffe, Delfine und Manatees

Manatee
Ein Manatee (Seekuh) bei Crawl Cay. Sieht unspektakulär aus, ist aber magisch.

Von Placencia aus segeln wir gemeinsam mit der Ivalu einige der vorgelagerten Inseln ab. Fast immer sind diese Inseln von Riffen umgeben und wir müssen vorsichtig navigieren, um nicht auf eine Sandbank oder einen Korallenblock aufzulaufen. Die Seekarten sind oftmals nur ungenau und die Navigation erfolgt mit dem Auge. Einer steht am Bug oder klettert in den Mast und sagt die Richtung an, der andere steuert danach. Diese Navigation auf Sicht erfordert zwar etwas Übung, um die Wassertiefen einschätzen zu können, ist deutlich sicherer und genauer als nach Seekarte zu fahren, die außerhalb der kommerziell genutzten Schifffahrtsstraßen oftmals ungenau oder fehlerhaft sein können. Vor den Inselchen sind wir fast immer die einzigen Boote vor Anker. Wir gehen schnorcheln, sehen viele Delfine, die regelmäßig abends in den Ankerbuchten um die Boote schwimmen und jagen, beobachten die seltenen und scheuen Manatees (Seekühe) und genießen die gemeinsame Zeit. Die Distanzen sind kurz und die Ankermöglichkeiten bei ruhigem Wetter zahlreich. Zweimal segeln wir noch nach Placencia, einmal um unser Visum zu verlängern und ein weiteres Mal, um vor einem Tiefdruckgebiet mit angesagtem Westwind Schutz zu suchen, was wir jeweils mit einer Semmelaktion verbinden.

Ostern und Geburtstag

Naia mit Geburtstagsgeschenk
Die Zwergpiratin wird Zwei

Leider geht Lillis Zeit an Bord bald zu Ende, aus ihrem geplanten vier- bis sechswöchigem Urlaub sind drei Monate auf der Ivalu und eine Reise von Panama via San Andres und Providencia nach Belize geworden, wo wir noch drei wunderbare gemeinsame Wochen hatten. Während wir mit den Kids Ostereier bemalen sitzt Lilli im Flieger nach Hause. Am Ostermontag ist dann gleich noch Geburtstag feiern angesagt, Naia wird zwei Jahre alt, und am Dienstag der Klassiker, Bauchweh, Übelkeit und Erbrechen von zu viel Eis, Kuchen und Süßigkeiten. Happy Kindergeburtstag.

Es grüßen aus Belize

die vier ARACANGAS Naia, Kira, Riki und Martin

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert