Eine Vorwarnung
Diesen Eintrag müssen wir wohl mit einer Vorwarnung versehen: Achtung, sehr technisch, diesmal gibt es keine schönen Segelbilder, keine Urwaldwanderungen und auch keine süßen Babyfotos. Es geht schlicht und einfach um den Bau unseres Dodgers, denn das ist es, was wir in den letzten Wochen fast ausschließlich getan haben.
Ein Dodger und ein Hardtop
Die erste große Baustelle ist fast abgeschlossen: Seit neuestem hat die aracanga2 einen festen Dodger, was eine Art Windschutzscheibe ist und ein festes Dach über dem Cockpit. Wobei Windschutzscheibe noch der falsche Ausdruck ist, denn Scheiben haben wir noch keine eingesetzt.
Ein Tisch unter Palmen
Vier Wochen haben die Arbeiten an dem Dodger gedauert und Dank der Hilfe von unserem Freund Paul, von Beruf Bootsbauer, kann sich das Ergebnis wirklich sehen lassen. „Bevor wir loslegen brauchen wir erstmal einen Tisch, der groß genug ist, dass wir das Hardtop darauf ablegen können. Und dann benötigen wir Formen und… und… und…“ Puh! Fast hätte ich es schon bereut, das Ganze mit einem professionellen Bootsbauer zu machen und es stattdessen etwas einfacher angehen lassen, aber auch nur fast. Denn der Aufwand, zunächst einen 2,5 x 3,5 Meter großen Tisch, der ich brauche es nicht zu erwähnen, natürlich exakt eben sein muss, zu bauen, hat sich gelohnt. Der erste Weg geht zum lokalen Holzhändler. Vier Sperrholzplatten mit je 4 x 8 Fuß, einige Leisten, Schrauben, Bretter, kurz und knapp alles, was man für einen ordentlichen Arbeitstisch braucht, besorgen wir in St. George’s und lassen es mit einem kleinen Pritschenwagen nach Island View transportieren. Hier dürfen und wollen wir arbeiten. Zwischen zwei Palmen ziehen wir eine Leine und gegen Sonne, Regen und herabfallende Kokosnüsse spannen wir eine große Plane darüber.
Einen Tag lang schrauben wir an unserem Tisch, den wir auf vier ausgemusterte Steel Drums stellen und so gut wie möglich Leveln. Dann beginnt die große Einkaufstour: Fünf Platten Nidacore, 70 Liter Polyesterharz, 60 Meter Glasfasermatten, Andickmittel, Pinsel, Rollen, mehr Pinsel und mehr Rollen, Schutzanzüge, Atemschutzmasken, Einweghandschuhe (da wir normalerweise sehr umweltbewusst leben ist es mir wirklich unangenehm zu schreiben, aber wir haben 300 Paar Handschuhe gebraucht), … Die Einkaufsliste ist lang, ebenso die Kassenzettel.
Die Seitenteile des Dodgers
Die Nidacoreplatten haben eine Wabenstruktur mit einer dünnen Trägerschicht auf beiden Seiten. Sie sind einfach zu verarbeiten und nachdem sie oben und unten überlaminiert sind, extrem stabil und trotzdem leicht. Zunächst bearbeiten wir zwei der etwa 1,3 x 2,6 Meter großen Platten, aus denen wir die Seitenteile bauen. Die restlichen drei Platten sind für das Dach. Wir zeichnen sämtliche Seitenteile mit möglichst wenig Verschnitt an, schneiden den Rest der Platte ab und laminieren die erste Seite: Vorbereitung ist das A und O, denn ist das Polyesterharz einmal mit dem Härter vermischt, bleiben uns etwa 20 Minuten, um es zu verarbeiten. Also legen wir die vorgeschnittenen Platten aus, schneiden die entsprechende Größe aus den Glasfasermatten und legen Rollen, Pinsel, Entlüfterrollen und so weiter bereit.
Dann wird angemischt, die Platte mit dem Harz eingestrichen, die Glasfasermatte auf die feuchte Platte gelegt und mit Harz und Rollen so lange bearbeitet, bis sie komplett feucht und keine Luft mehr zwischen den Schichten ist. Insgesamt legen wir zwei Lagen Glasfasermatte auf die Platte, eine doppelte aus Fusselmatte und Gewebematte und eine einfache Fusselmatte obendrauf. Die verhältnismäßig „kleinen“ Flächen sind eine gute Übung für die große Dachfläche, vor deren Größe wir bereits Respekt haben. Am Abend sind die Vorderseiten laminiert und am Abend darauf die Rückseiten.
Weiter geht es an Bord, wo die Platten anlaminiert werden: Hierzu müssen wir an den Stellen, wo der Dodger stehen soll, die oberste Schicht, das sogenannte Gelcoat, vom Boot abschleifen, damit das neue Laminat und das bestehende Laminat miteinander verbunden werden. Und wieder einmal sind wir froh um Pauls Hilfe, der mit Flex und Schleifscheibe eine perfekt ebene Oberfläche ohne die üblichen Halbmonde zaubert. Dann werden die Seitenteile mit angedicktem Polyesterharz an Deck geklebt, Hohlkehlen gezogen und Laminate über die Winkel gelegt. Zuerst die Innenseiten links und rechts vom Mast, der direkt vor dem Cockpit steht und ausgespart wird, dann die Außenseite und zu guter Letzt laminieren wir die Fronten an die Seitenteile und ans Deck. Das Schwierige ist, die exakte Deckskurve auf die Front zu übertragen, wofür wir uns mit einer etwas verlängerten Wasserwaage behelfen, der Kurve des Decks folgen und diese auf die Front übertragen.
Das Hardtop / Dach
Nachdem die Fronten alle anlaminiert und entsprechend der Deckskurve oben abgeschnitten sind, kommt das Dach dran. Die untere Seite des etwa sechs Quadratmeter großen Daches laminieren wir mit zwei Schichten, was uns zu zweit ordentlich ins Schwitzen bringt unter unseren Schutzanzügen. Die T-Shirts können wir danach auswringen und ein Feierabendbier brauchen wir auch keines mehr nach den ganzen Styroldüften. Da das Dach ebenso der Deckskurve folgen soll, brauchen wir, bevor wir die zweite Seite laminieren, Formen. Diese bauen wir aus Sperrholz bauen und schrauben sie auf unseren Tisch. Dann wird das einseitig laminierte Dach über die Formen gebogen und ebenso angeschraubt, damit es nicht mehr verrutschen kann. Für das Laminieren der Oberseite, die drei Schichten Laminat bekommen soll, holen wir uns Hilfe von unserem Freund Steffen, was die Arbeit deutlich entspannt. Während wir zu zweit laminieren ist Steffen damit beschäftigt, etwa 15 Liter Harz anzurühren, Becher für Becher, jeweils einen halben Liter fassend.
Die fertigen Flächen werden als Nächstes einmal angeschliffen, dann schneiden wir ein 70×70 Zentimeter großes Loch für eine Luke, die wir zufällig gebraucht finden, laminieren Stringer zur Verstärkung an die Unterseite und laminieren sämtliche offenen Kanten über. Dann wird noch einmal geschliffen und, abgesehen von den Bereichen, wo wir das Dach an die Front laminieren, das ganze Ding mit weißem Gelcoat überzogen.
Mit dem Dock zum Boot
Jetzt stellt sich die große Frage: Wie bekommen wir das Riesending an Bord? Oder sollen wir das Boot an den Dock bringen? „Warum nehmt ihr nicht einfach den Dock mit?“, schlägt uns der Eigentümer von Island View vor. Gesagt, getan. Wir legen das Dach auf den Schwimmsteg und ziehen den ganzen Steg mit dem Dinghi zur aracanga2. Zu fünft heben wir das Dach an Deck, bauen aus Holz zwei provisorische Stützen und und laminieren es an den Dodger an.
Das ist der Stand der Dinge. Jetzt fehlen noch Fenster, Feste zu den Seiten und Öffnebare nach vorne, Stützen und das restliche Gelcoat. Und irgendwann, wenn wir wieder etwas flüssig sind, soll der Dodger noch herunterrollbare Seitenteile bekommen.
Viele liebe Grüße von Bord der aracanga2! Riki, Kira und Martin. Und liebe Grüße auch von Paul!