Entlang der Südküste Cubas

Von Santiago aus segeln wir entlang der Südküste Cubas bis Cabo Cruz. Diese Tage sind, keine Frage, ein Cuba – Highlight. Santiago war toll und ein idealer Auftakt, Land, Leute und Kultur kennenzulernen. in den nächsten Wochen bekommen wir jedoch noch einen anderen Einblick in das Land, einen, der ohne eigenes Boot so kaum möglich ist. Kleine Dörfer statt großer Stadt, Natur statt Kultur und Lagunen statt Marina steht auf dem Programm. Dass Cuba neben einer spannenden Geschichte und Kultur auch eine beeindruckende Natur und eine unberührte Inselwelt mit Riffen und Mangroven, Fischen und Vögeln, Haien und Rochen, Krokodilen und Delfinen zu bieten hat, geht neben den zahlreichen anderen Höhepunkten des Landes oftmals etwas unter. Genau diesen Teil Cubas wollen wir entdecken: Zunächst die Südküste von Santiago bis Cabo Cruz und dann die Südwestseite Cubas, die Jardines de la Reina, die Korallengärten der Königin.

Chivirico

Chivirico an der Südküste Kubas
Fischer mit Wurfnetz in Chivirico, einer Ortschaft an der Südküste Cubas

Los geht es entlang der Südküste Cubas. Unser erstes Ziel ist die Ortschaft Chivirico etwa 30 Seemeilen westlich von Santiago. Die Segeltour dorthin ist unspektakulär. Wir haben so gut wie keinen Wind und motorsegeln entlang der Küste, die hier so steil abfällt, dass das Echolot schon kurz nach der Ausfahrt aus der Bucht vergeblich nach einer Wassertiefe sucht und wir eine Meile vor der Insel schon über 1.000 Meter Wasser unter dem Kiel haben. Geschützte Ankerplätze an dieser Küste lassen sich an einer Hand abzählen, Chivirico bietet die erste Ankermöglichkeit und gleichzeitig einer der geschütztesten Ankerplätze, die wir überhaupt gesehen haben. Zwischen zwei Korallenriffen hindurch segeln wir auf die Küste zu und erst, als wir das Gefühl haben, die Klippen an Land zu küssen, geht es scharf nach backbord und das Riff gibt eine Passage in die dahinter liegende Lagune frei. Die Einfahrt ist sehr eng, zum Greifen nahe sehen wir die bis an die Wasseroberfläche reichenden, bunten Korallen an Backbord. Es ist sehr flach, unter zwei Meter an der flachsten Stelle. Mit unseren zwei Metern Tiefgang setzen wir einmal kurz auf, es ist jedoch nur weicher Schlick, ziehen uns mit etwas Gas rückwärts wieder aus dem Matsch und folgen dann den Handzeichen eines Fischers, der uns etwas weiter nach Steuerbord lotst. Passt, wir sind drin, das Wasser ist wieder drei Meter tief und der Anker sitzt. Rundum von Mangroven geschützt hat man das Gefühl, in einem kleinen Dorfweiher zu ankern. Außer uns rudern noch besagtes und ein weiteres Fischerboot in dem kleinen Weiher, ansonsten herrscht absolute Ruhe. Wir bedanken uns mit ein paar Angelhaken und -Leine bei unserem Lotsen und springen erstmal ins Wasser, das mit 33 Grad zwar etwas kühler ist als die Lufttemperatur, jedoch kaum Erfrischung bietet.

Es ist so heiß, dass wir erst gegen späte Nachmittag mit dem Dinghy an Land fahren und in den Ort laufen. Chivirico ist größer, als wir erwartet hätten, entlang der Hauptstraße zieht sich eine kleine Stadt mit Park und Café, Bushaltestelle und natürlich einem Büro der kommunistischen Partei. Es ist ein typischer Durchgangsort, Pferdefuhrwerke teilen sich die Straße mit den allgegenwärtigen Ladas und Chevys der 50er Jahre, daneben Fahrradrikschas, teils geschweißt und teils aus Holz gezimmert, und alte MZ – Mopeds, die anderswo Liebhaberstücke wären.

Marea del Portillo

Fischer in Marea del Portillo, Südküste Cubas
Fischer in der Lagune von Marea del Portillo

Wir bleiben zwei Nächte hier, bevor wir die nächsten 50 Seemeilen von Chivirico nach Marea del Portillo in Angriff nehmen. Wenig Wind, keine Welle, viel Hitze, so lässt sich die Fahrt mit wenigen Worten beschreiben. Wieder segeln wir zwischen Korallenriffen hindurch und wieder biegen wir – diesmal nach Steuerbord – in eine wunderschöne Lagune ein, nur dass diese hier deutlich größer ist. Wir kommen am späten Nachmittag an und ankern relativ mittig in der Lagune in der Hoffnung, so weniger Moskitos an Bord zu bekommen. Kurz darauf rudert ein kleines, grob zusammengezimmertes Boot aus dem Dorf zu uns herüber, um unsere Papiere zu kontrollieren. Die beiden Offiziellen, eine Dame in Gummistiefeln und von der Feldarbeit zerschlissenem Shirt und ein Herr in makelloser Uniform, bescheren uns einen äußerst freundlichen Empfang und einen Kaffee und ein paar Stempel und Unterschriften später ist alles erledigt. Die zwei rudern zurück zum Dorf und wir genießen den Sonnenuntergang und die unbeschreibliche Ruhe. Etwas später, es ist schon dunkel, kommt die Dame wieder zu uns gerudert und reicht uns eine große Tüte voller Obst und Gemüse – „para las ninas“ – für die Mädchen. Egal wo wir sind, die beiden Blondschöpfe sind immer ein Türöffner. Hätten wir gewusst, dass sie den ganzen Weg gleich zweimal rudert, hätten wir etwas näher am Dorfanleger geankert.

Haus in Marea del Portillo, Südküste Cubas
Marea del Portillo

Am nächsten Tag fahren wir mit dem Dinghy an Land, um das Dorf zu besuchen. Es ist ohne Zweifel einer der idyllischsten Orte, an denen wir je waren. Autos suchen wir vergebens, dafür hier und dort ein Pferd. Kleine, gemütliche Häuser säumen die Wege und vor jedem Haus sind mit Früchten behangene Mangobäume (wir haben selten so große Mangos gesehen), Bananenpalmen und Beete und Felder mit Paprika, Zwiebeln, Tomaten und vielem mehr. Egal, an welchem Haus wir vorbei laufen oder wen wir treffen, jeder möchte uns Obst und Gemüse schenken oder eintauschen gegen Angelschnur, -Haken, Leinen oder Klamotten. Glücklicherweise haben wir reichlich davon dabei und für die nächsten Tage und Wochen ist unser Bedarf an frischen Lebensmitteln gedeckt. Was uns hier besonders, aber auch an allen anderen Orten Cubas auffällt, ist der Zusammenhalt der Menschen untereinander und auch die Solidarität mit uns als Besucher. Das sozialistische Cuba sorgt regelmäßig für Gesprächs- und Diskussionsstoff und lässt immer wieder die Frage aufkommen, was wir von alldem halten sollen. Eine Antwort finden wir nicht. An diesem Ort in diesem Moment aber befinden wir uns in einer absoluten Pro- und Hochstimmung. Im sehr Kleinen, wie hier in diesem Dorf, scheint viel zu funktionieren, was im Großen und auf das ganze Land gesehen nicht klappt.

Wir versuchen, das Land zu verstehen, können es aber nicht. Wir sehen den Idealismus, aber auch, wie vieles nicht funktioniert. Natürlich können auch wir uns nicht der Romantisierung der verklärten Ikone Che Guevara entziehen, obwohl Propaganda und Wirklichkeit zwei Paar Stiefel sind und meilenweit auseinanderliegen. So vieles hier ist gegen unsere persönlichen Ideale: Uniformen, Waffen, blinder Gehorsam. “Libertad”, Freiheit, das liest man überall: auf Hauswänden, auf Plakaten, in den bekanntesten Zitaten von Che. Doch leider ist genau diese kaum gegeben. Unser Lebensstil, die schier uneingeschränkte Freiheit, die wir genießen, wird den Menschen hier verwehrt. Unser Gefühl für dieses Land ist ein großes Auf und Ab aus Begeisterung und Ablehnung. Wenn Menschen, die ihr Leben lang hier leben sagen, sie verstehen ihr Land nicht, wie sollen wir es dann verstehen? Es gibt so viele Widersprüche, so viel Romantik die sich als Lüge entpuppt. Trotzdem, es ist ein tolles Land. Der Zusammenhalt, die Solidarität, das Gemeinschaftsgefühl, auf die wir hier stoßen, sind überwältigend.

Zurück an unserem Beiboot hat sich eine Schar Kinder dort zum Baden versammelt. Sie springen von der eingefallenen Betonpier, klettern in unser Dinghy und spielen Entdecker. Jedes der Kinder möchte einmal mitfahren und so drehen wir mehrere Runden mit jeweils ein paar johlenden Kids an Bord durch die Lagune. Hätten wir nicht eine stets länger werdende Arbeitsliste fürs Boot, würden wir ernsthaft darüber nachdenken, hier im Süden Cubas die nahende Hurrikan-Saison zu verbringen. Marea del Portillo und Chivirico wären im Falle eines Wirbelsturms nicht die schlechtesten Rückzugsorte. Leider gibt es hier jedoch keinerlei Möglichkeiten, die anstehenden Arbeiten an Bord zu erledigen, denn dafür muss unsere ARACANGA aus dem Wasser raus.

Cabo Cruz

Cabo Cruz. Im Vordergrund das Boot der Offiziellen

Also weiter. Nächster Stopp: Cabo Cruz. Der Ort und das gleichnamige Kap markieren das Ende der Südküste Cubas. Knapp vor Sonnenuntergang ankern wir auf zweieinhalb Meter Wassertiefe hinterm Riff. Unter uns leuchten die Korallen in verschiedenen Farben und das Dorf sieht spannend aus. Wir freuen uns darauf, zwei, drei Tage hier zu verbringen. Kurz nach unserem Ankermanöver kommt ein kleines Boot mit mehreren Offiziellen zu uns. Der Empfang ist wie immer sehr freundlich, jedoch auch bestimmt: Morgen früh um sieben müssen wir spätestens hier weg sein, denn dann findet hier eine Übung der Marine statt und es wird geschossen. Es gibt Stempel und Unterschriften, dann heißt es Adios. Schade, aber bevor wir als Zielscheibe herhalten müssen, legen wir doch lieber am nächsten Morgen in Richtung Jardines de la Reina ab.

Liebe Grüße, Riki, Martin, Kira, Naia

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–> u n s e r e K a f f e e k a s s e <–

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