Es geht, wenn auch langsam, voran auf der Baustelle. Nach wie vor dreht sich unser Tagesablauf rund um die Arbeiten an Bord, die sich nochmals als umfangreicher als gedacht herausgestellt haben. Den letzten Satz des letzten Blogbeitrages, dass der dreckige und staubige Teil der Arbeiten vorbei ist, müssen wir leider zurücknehmen, denn es wird nach wie vor geschliffen, gesandstrahlt, geschliffen und wieder geschliffen.
Die Entscheidung, während der Arbeiten nicht an Bord zu leben, stellt sich Tag für Tag als goldrichtig heraus, gerade mit den Kids wäre das im Moment absolut unmöglich. An Deck regieren Sand und Staub, unter Deck liegt das Werkzeug überall herum, die Bodenbretter stehen offen und es ist Chaos, wo das Auge hinblickt. Der Staub findet seinen Weg auf magische Weise durch jede Ritze. Da ist es schön, in einem kleinen Bungalow auf der anderen Flussseite zu wohnen, wo es andere Kinder, viel Schatten und einen kleinen Pool gibt, an dem man die heiße Tageszeit verbringen, Kira ihrem Drang nach schwimmen, schnorcheln und Wasser nachgehen und Naia planschen kann.
Bis es endlich so weit ist, auch von Bord aus wieder zu schwimmen, zu schnorcheln und zu planschen, ist es leider noch ein bisschen hin. Aber wir sind auf einem guten Weg. Das wichtigste ist, die offenen Stellen im Unterwasserschiff gut auszutrocknen, bevor die Reparaturen beginnen können. In der Zwischenzeit können wir uns um andere Punkte auf unserer langen Arbeitsliste kümmern: Fußreling und Relingstützen, Kiel, Maschine und Seeventile. Und, der neueste Kandidat auf der Liste: Der Dieseltank (mal wieder).
Die Fußreling, sozusagen der Übergang vom Rumpf zum Deck, muss angeschliffen und neu lackiert werden und die Füße der Relingstützen, die auf der Fußreling stehen, müssen neu eingesetzt und abgedichtet werden. Was hier in einem kurzen Satz nebenher erwähnt wird, ist die Arbeit von ein bis zwei Wochen. Die größte Herausforderung sind die Hitze und der Schweiß, der beständig und mit großer Vorliebe auf die frische Lage Lack tropft.
Unter Deck sind ein paar Arbeiten an der Maschine nötig. Nachdem das Ölleck im Getriebe (hoffentlich endgültig) beseitigt ist, kommen Drahtbürste und Phosphorsäure zum Einsatz, um das Getriebe zu entrosten (ein Kühlwasserleck vor einigen Monaten hat den Rost dort sprießen lassen) und eine neue Schicht Lack darüber.
Parallel wird auch am Unterwasserschiff entrostet: Der Stahlkiel wird bis aufs blanke Material gesandstrahlt und direkt im Anschluss ebenso mit Phosphorsäure behandelt: Nach zwei Runden Phosphorsäure kommen mehrere Schichten einer speziellen Grundierung auf den Kiel, um diesen dauerhaft vor Rost zu schützen. Danach wird gespachtelt, abermals grundiert und nochmals gespachtelt.
Dann ist es auch endlich so weit: Der Rumpf ist genügend getrocknet und die Stellen, wo der Rumpf von Osmose befallen war, sind bereit zum Wiederaufbau. Je nach Tiefe der ausgeschliffenen Osmoseblasen werden eine oder mehrere Lagen Glasfasermatte mit Polyesterharz auflaminiert. Zuoberst dann noch eine Schicht Spachtel und am nächsten Tag, wenn die ganze Masse ausgehärtet ist, wird das überschüssige Material abgeschliffen und plötzlich sieht die ARACANGA wieder mehr und mehr wie ein Schiff aus.
Eine unschöne Überraschung gibt es dann doch noch: Der Dieseltank ist wieder einmal undicht, diesmal auf der anderen Seite. Wir überlegen hin und her, was wir machen sollen: Selbst reparieren oder schweißen lassen, oder rausschmeißen und durch einen neuen Tank ersetzen. Der Plan ist folgender: Zunächst pumpen wir den restlichen Diesel ab, was mit dem Boot an Land kein großes Problem ist: Ein paar Kanister unters Boot, einen Schlauch vom Tank durch einen Borddurchlass nach draußen, dort einmal ansaugen und den Rest erledigt die Schwerkraft. Als der Tank leer ist, schneiden wir mit der Flex ein großes Loch oben in den Aluminiumtank, säubern ihn und schauen ihn uns von innen an. Die nächste Entscheidung ist schnell gefällt: Das Ding muss raus, es ist zu viel Korrosion im Boden des Tankes, dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis die Lecks nummer drei, vier und so weiter auftauchen. Das Problem ist nur, der Tank ist so gut eingebaut und so groß, dass wir ihn unmöglich in einem Stück herausbringen. Glücklicherweise hat unser Kumpel Alex einen Blechnippler, mit dem sich der Tank sehr viel angenehmer, insofern man hier von angenehm sprechen kann, zerschneiden lässt als mit der Flex. Der Nippler stanzt sich quasi durch das Material und nur an den Ecken und Kanten müssen wir dann noch mit der Flex ran. Trotzdem, es ist eine Drecksarbeit und das Feierabendbier ist mehr als verdient, als der Tank in zwei Teilen am späten Nachmittag unter dem Boot liegt.
Handy raus, Edgars Nummer gewählt. Edgar ist Schweißer und ein Kumpel von Frendi, der die Laminierarbeiten an unserem Unterwasserschiff macht. Unser Spanisch ist zwar alles andere als flüssig, aber an bootsspezifischen Fachausdrücken mangelt es nicht. Wir verabreden uns für den kommenden Tag. Pünktlich knattert Edgar mit seinem nur noch aus wesentlichen Teilen wie Rahmen, Reifen und Motor bestehendem Moped an und wir besprechen den neuen Tank: Er soll aus V2A Edelstahl geschweißt werden und aus zwei exakt halb so großen Tanks bestehen wie der Alte, wir müssen das Ding ja schließlich auch wieder ins Boot bekommen. Sein Angebot ist mehr als fair, reißt aber trotzdem das in den letzten Monaten entstandene Loch in unserer Bordkasse nochmals etwas tiefer.
Mittlerweile sind auch unsere sämtlichen Borddurchlässe eingetroffen, genau pünktlich. Es sind Elf an der Zahl und sie bestehen aus jeweils vier Teilen: Borddurchlass mit Kontermutter, Lastaufnahmekragen, Ventil und Schlauchanschluss. Zunächst müssen die Borddurchlässe auf die richtige Länge gekürzt werden, dann werden sie entweder mit einem flexiblen PU-Kleber wie Sikaflex oder 3M 5200 oder mit Epoxidharz eingeklebt. Das steht dann in der kommenden Woche auf dem Programm.
Wie ihr lest, bestimmen zurzeit die Bordarbeiten den größten Teil unseres Alltags. Aber natürlich gibt es auch einen anderen Alltag, denn wir sind ja nicht nur des Bootes wegen, sondern hauptsächlich der Kids halber nach Guatemala gesegelt. Kira hat ein paar Freundinnen hier gefunden, mit denen sie sich gut versteht: Paizley, Indie und Lu. Eines der Mädels wohnt sogar im Bungalow direkt neben uns. Mit ihnen schnorchelt sie im Pool, fährt Fahrrad, fängt Grashüpfer, spielt Kinderküche, fangen oder verstecken. Und Naia rennt fleißig hinterher, ist Everybodys Darling und genießt die viele Aufmerksamkeit, die ihr von allen Seiten überschwänglich entgegengebracht wird. Trotz allem, wir, und Kira am meisten von uns allen, können es nicht erwarten, bald wieder aufs Boot zu ziehen und das Boatyard gegen Buchten, Lagunen und Korallenriffe einzutauschen.
Herzliche Grüße aus Guatemala senden die vier ARACANGAs
MaRiKiNa