Retour nach Puerto Montt und Neustart nach Süden

Die ARACANGA am Steg in Puerto Montt
Zurück in Puerto Montt

Da sind wir wieder, zurück in Puerto Montt, zurück an unserem alten Liegeplatz im Yachtclub Reloncavi, wo wir uns bereits gut auskennen. Schon beim Anlegen kommen die drei Hafenhunde Jack, Blanca und Michel (letzteren hat Naia so getauft) angelaufen und freuen sich ebenso wie die Kinder über das Wiedersehen.

Der Grund für unsere Rückkehr nach Puerto Montt ist, dass unser Motor etwas schlecht startet. Bevor wir jedoch nach Süden segeln, wo wir sehr bald sehr alleine und isoliert unterwegs sein werden, muss alles an Bord zu hundert Prozent funktionieren, dass die Maschine zuverlässig anspringt, ist essentiell. Wir vermuten den Fehler in der Batterie, deswegen bauen wir zunächst diese aus und bringen sie zum örtlichen Batteriefachbetrieb, wo wir sie auf Last testen lassen. „Como nueva“ – wie neu, ist das Ergebnis des Tests. Die Batterie hat sogar eine noch höhere Kapazität als auf dem Etikett. Also zurück zur ARACANGA und die Batterie wieder einbauen. Die Kontakte, die Kabelverbindungen und der Anlasser sind die nächsten Verdächtigen. Den Anlasser lassen wir einmal generalüberholen und einen neuen Magnetschalter einbauen, da der Mechaniker meint, dass ankorrodierte Kontakte im Magnetschalter ein Grund für das schlechte Kaltstartverhalten sein können. Zusätzlich schleifen wir sämtliche elektrische Kontaktflächen blank und ersetzen die alten Starterkabel durch Neue. Die alten Kabel sind steif und hart, hier ist mit Sicherheit mehr als nur einmal Salzwasser zwischen Mantel und Litze gekrochen. Dazu gibt es noch einen neuen Hauptschalter. Das schlechte Startverhalten war im Endeffekt nicht auf ein fehlerhaftes Bauteil zurückzuführen, es war die Summe schlechter Kontakte und Kabel, hier etwas Verlust und dort etwas Verlust, im warmen Klima der Tropen fällt das nicht auf, aber im kühleren Patagonien tut sich die Maschine dann schwer beim Starten.

Kira und Naia beugen sich über den Motorraum
Der Anlasser wird unter fachkundiger Anleitung wieder eingebaut

Bleibt nur noch, dass die Armada unser Boot inspizieren möchte, dann können wir wieder los. Hier in Chile müssen wir uns auch bei Bewegungen innerhalb des Landes eine Erlaubnis der Armada, eine sogenannte Zarpe, einholen und unsere Route, Zeitplan und Zielhafen angeben. Bei der ungeplanten Rückkehr nach Puerto Montt wird uns die Frage nach dem Warum gestellt und wir bekommen eine Inspektion auferlegt, bevor wir eine neue Zarpe beantragen können. Die Inspektion an sich ist kurz und schmerzlos, der Inspekteur lässt sich das Problem und was wir dagegen unternommen haben erklären, dann sollen wir den Motor starten und fertig. Etwas langwieriger ist die vorangehende Beantragung der Inspektion. Mehrmals müssen wir mit dem Bus zur Armada fahren, bis der Termin endlich feststeht. Tja, es ist doch was dran, mit welcher Effizienz auf den Ämtern dieser Welt gearbeitet wird, tagelanges Beantragen und persönliches Erscheinen für schlussendlich fünf Minuten Inspektion… Und wo wir schon beim Inspizieren sind, nutzen wir die Tage in Puerto Montt auch gleich noch dafür, unsere Rettungsinsel, Schwimmwesten und Feuerlöscher neu zertifizieren zu lassen. Von einem anderen Boot, das gerade aus der Antarktis und dem Süden Patagoniens kommt und weiter in Richtung tropischem Pazifik unterwegs ist, bekommen wir noch einmal 220 Meter Landleinen und aus einer Tauchflasche, einem Regulator und 15 Meter Gartenschlauch bauen wir uns ein Atemgerät, um das Unterwasserschiff leichter sauber machen zu können, was der letzte Punkt auf unserer To Do Liste ist.

Naia auf dem Steg in Puerto Montt
Naia in der Marina

Für die Kids holen wir für die Tage in Puerto Montt die Fahrräder wieder aus der Bilge und Naia nutzt die kurze Zeit, auf Kiras altem Fahrrad innerhalb von zehn Minuten radeln zu lernen. Nur beim Anfahren und Anhalten braucht sie noch Hilfe. Während Kira die vorsichtigere und überlegtere der beiden ist, kennt Naia weder Angst noch Vorsicht und donnert mit Vollgas durch die Marina. Kira macht währenddessen ihre ersten Versuche auf Inlineskates und rollt ein paar Tage später die Uferpromenade von Puerto Montt entlang.

Hinter uns legt ein großer Katamaran an und wir lernen Tom und seinen Kumpel Charles kennen. Tom ist etwa so alt wie wir und sitzt im Rollstuhl, das Boot gehört ihm und ist speziell auf seine Bedürfnisse angepasst. Es gibt kein Großsegel, dafür einen extrem weit achtern stehenden Mast und zwei große Vorsegel. Gesteuert wird von innen, vom Steuerstand aus hat Tom eine fast perfekte Rundumsicht und zur Unterstützung zwei Kameras im Mast. Die Winschen sind auf Knopfdruck bedienbar und jeder Winkel des breiten Brückendecks ist mit dem Rollstuhl erreichbar. Tom kann das Boot komplett alleine bedienen. Er war das letzte Jahr mit seiner Freundin in Patagonien unterwegs und ist jetzt gemeinsam mit Charles auf dem Weg nach Neuseeland, wo seine mittlerweile Frau und sein vier Monate altes Baby warten. Von dort aus soll es dann als Familie weitergehen. Wir sind schwer beeindruckt von Toms Boot, noch vielmehr allerdings von Tom selbst, der uns wieder einmal zeigt, dass nichts unmöglich ist.

Naia und Martin
Wieder unterwegs

Neben Tom treffen wir noch eine Handvoll anderer hochinteressanter Segler und echter Abenteurer, die allesamt ein anderer Schlag sind als Segler Youtube, auf den wir alle Nase lang in der Karibik treffen. Begeistert lauschen wir den Erzählungen von Dominic, der eben aus der Antarktis kommt und Berrys Schilderungen von Deception Island, Südgeorgien und den Falklandinseln. Nach den vielen Jahren in den Tropen sind wir etwas müde geworden, denn auch der schönste Palmenstrand hat mit der Zeit leichte Abnutzungserscheinungen und es ist nicht nur vom Klima her erfrischend, eine Zeitlang in anderen und ganz neuen Gefilden unterwegs zu sein.

Der Motor startet wieder einwandfrei, die Rettungsmittel sind zurück an Bord und uns hält nichts mehr am Steg. Wir besorgen uns eine neue Zarpe für drei Monate, in denen wir den Norden Patagoniens, die Insel Chiloe und den Nationalpark rund um die San Rafael Lagune erforschen möchten. Im Juni, wenn hier der Winter startet, wollen wir zurück in Puerto Montt sein und planen, dann für drei Monate in Deutschland zu sein. Im September, zum Ende des Südwinters, geht es dann zurück an Bord und ab Oktober auf dem Weg nach Puerto Williams, der südlichsten Ortschaft der Welt, ganz im Süden Chiles.

Die ARACANGA vor Anker
Vor Anker bei Mechuque

Adios Puerto Montt. Los geht’s. Das neue Segelrevier Patagonien bedeutet eine steile Lernkurve für uns, nach vielen Jahren in der Karibik haben wir es wieder mit großen Tidenunterschieden zu tun, wir müssen beizeiten relativ starke Strömungen einkalkulieren und was in den Tropen als stürmisches Wetter bezeichnet wird, ist hier an der Tagesordnung. Dafür gibt es aber unzählige malerische und vor allem sichere Ankerbuchten, kaum andere Boote und eine artenreiche Tierwelt. Regelmäßig sehen wir Toninas, wie die kleinen Weißbauchdelfine hier genannt werden, Seelöwen und Pinguine neben unserer ARACANGA im Wasser.

Die erste Nacht verbringen wir wie schon zwei Wochen zuvor in einer Ankerbucht im Nordwesten der Insel Puluquis. Am nächsten Tag geht es weiter nach Süden zur Insel Mechuque, wo wir eine malerische, supersichere kleine Ankerbucht finden. Es wird bereits merklich kühler und man fühlt, dass der Sommer so langsam in den Herbst übergeht. Die Sonne geht früher unter und morgens schalten wir jeweils für eine halbe Stunde die Heizung an.

Puerto Huite, Fischerboote und Möwen
Puerto Huite

Für die nächsten Tage ist eine kleine Sturmfront vorhergesagt und wir suchen uns die rundum geschützte Lague Puerto Huite an der Ostküste der Insel Chiloe aus, um dort vor Anker zu liegen, bis das System durchgezogen ist. Die Lagune ist durch eine breite Sandbank vom Meer abgetrennt und nur durch eine schmal Einfahrt verbunden. Auf den bei Ebbe weiten Sandbänken tummeln sich unzählige Arten Vögel, von Geiern über Kormorane bis hin zu Pelikanen, dazwischen die verschiedensten Möwenarten, die sich wiederum mit kleineren Greifvögeln um die Nahrung zoffen, mittendrin allerlei Strandläufer, die mit ihren langen, gebogenen Schnäbeln im Schlick nach Nahrung suchen. Die Kinder sammeln Muscheln, Steine und Federn am Strand und wir entdecken wilde Brombeeren, die hier schier überall wachsen. Schale für Schale pflücken wir die Beeren und an Bord gibt es Brombeermarmelade, Brombeerzopf, Brombeerjoghurt oder einfach nur Brombeeren. Heute regnet und stürmt es draußen, morgen wird es voraussichtlich etwas angenehmer, dann ziehen wir weiter nach Süden.

Herzliche Grüße von Bord senden die vier ARACANGAs MaRiKiNa


Eine spannende Geschichte aus einer phantastischen Welt – inspiriert von unseren Erlebnissen

Ein Kommentar

  1. Pingback:Chiloe - der traumhafte Norden Patagoniens - ahoi.blog

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