Wir haben wieder die berühmte Handbreit Wasser unterm Kiel! Der rote Vogel schwimmt und wir sind mit großen Schritten auf dem Weg Richtung Süden. Die Saône haben wir bereits hinter uns und seit heute sind wir auf der Rhone unterwegs, noch knapp 300 Kilometer bis zum Mittelmeer.
Am 08. August war Krantermin. Mal wieder. Um 7 Uhr in der Früh haben wir uns mit Kranfahrer und LKW in Deluz verabredet und gegen halb 8 hing die aracanga schon am Haken. Vor dem Kranen hatten wir Respekt, denn wir mussten das Boot im Kanal schwimmend angurten und nicht wie üblich an einem Steg oder Ponton. Um die Gurte, an denen das Boot aus dem Wasser gehoben wird, schnell und einfach anlegen zu können haben wir zwei Leinen unter dem Boot durchgeschlungen, an denen wir dann die Gurte befestigen und nachziehen konnten. Außerdem musste das Solarpanel abmontiert und der Mast auf der Sprayhood befestigt werden, um keine Probleme mit den Brückenhöhen auf der Straße zu bekommen. Als das Boot dann aus dem Wasser war konnten wir unsren Kiel begutachten, der ein paar Kratzer von diversen Untiefen und Sandbänken abbekommen hat. Nichts schlimmes, aber wir werden wohl nicht drum rum kommen, das Boot irgendwann in nicht ganz ferner Zukunft noch einmal aus dem Wasser zu nehmen und den Kiel mit Grundierung und Coppercoat auszubessern. Nachdem die aracanga angegurtet und fest verzurrt war ging es dann mit dem LKW von Deluz ca. 100 Kilometer auf der Straße nach St. Jean de Losne an der Saône. Leider hat der Lastwagen nur zwei Plätze, somit musste die Riki mit dem Zug hinterherfahren. Nach zwei Stunden und zwei kleinen Verfahrern sind wir dann heil in der größten Binnenmarina Frankreichs angekommen und noch einmal eine halbe Stunde später ist unser kleines Schiffchen auch schon wieder geschwommen. In St. Jean de Losne haben wir spontanen Kurzbesuch von zu Hause bekommen und auch Carina und Lu mit ihre “Olive” wieder getroffen. Die Beiden sind den Weg bis dorthin auf eigenem Kiel gefahren, der etwas kürzer ist als unserer. Am Abend haben wir den Grill angeschmissen, eine Flasche (eigentlich wars ein Tetrapack) Wein aufgemacht und alle zusammen einen schönen, letzten Abend auf der Olive verbracht. Tags drauf war dann mal wieder Abschiednehmen angesagt. Die Olive hat uns noch ein paar Kilometer auf der Saône begleitet, bevor sich unsere Wege getrennt haben, für die einen nach Hause, für die Anderen, uns, in Richtung Mittelmeer.
Die Saône ist ein ruhiger, entspannter Fluss. Am Ufer stehend kann man kaum sagen, in welche Richtung die Strömung fließt. Um in den Fluss zu gelangen mussten wir eine Schleuse passieren. Die nächsten drei Tage bis nach Lyon haben wir Strecke gemacht und unsere 100. Schleuse der Reise passiert. Am ersten Tag ging es bei Regenwetter 42 Meilen (knapp 80 Kilometer) bis zu einem kleinen Hafen, der in einer alten Schleuse liegt und am nächsten Tag bei Sonnenschein 44 Meilen bis Villefranche sur Saône, wo wir vom benachbarten Campingplatz bis spät in die Nacht von einer französischen Schnulze nach der Anderen in den Schlaf gesungen wurden. Die Saône hat uns wahnsinnig gut gefallen, sie ist so gut wie gar nicht kanalisiert und sehr naturbelassen. Lyon markiert das Ende der Saône und die Einfahrt in die Stadt über den Fluss ist ein tolles Erlebnis. Abseits von Straßenlärm und Hektik tuckert man in aller Ruhe an malerischen Gebäuden und wunderbaren Prachtbauten vorbei und sieht hoch über der Stadt ihr Wahrzeichen, die viertürmige Basilika Notre-Dame de Fourvière. In Lyon sind wir eine Nacht geblieben. Eigentlich wollten wir mitten in der Altstadt an einem Anleger bleiben, aber dort hatten wir kein gutes Gefühl, das Boot alleine zu lassen. Wie zufällig sind immer wieder die gleichen etwas dubiosen Grüppchen vorbei gelaufen und haben uns ausgecheckt, mal 100 Meter flussaufwärts und mal 100 Meter weiter flussabwärts eine Zigarette geraucht und es kam uns so vor, dass sie nur warten, bis wir das Boot alleine lassen. Nicht falsch verstehen, ich habe ein sehr ausgeprägtes Grundvertrauen und während meiner ersten Weltumsegelung oftmals monatelang das Boot nicht abgesperrt, aber in diesem Falle haben unsere beide Alarmglocken geläutet. Also sind wir kurzerhand zwei Kilometer flussabwärts in den Hafen umgezogen und der Hafenmeister dort hat auf meine Nachfrage hin gemeint “It´s a very bad idea to leave the boat alone in town.” In Lyon gab es dann noch Besuch von Isolde, einer Cousine meines Papas und ihrem Mann Rüdiger, die auf dem Weg von Spanien nach Deutschland waren und einen Abstecher zu uns unternommen haben. Gemeinsam hatten wir einen sehr schönen Nachmittag an Bord und Abend in der Stadt.
In Lyon fließt die Saône in die Rhone, die uns heute Mittag mit einer etwas raueren Gangart begrüßt hat. Die Rhone hat eine kräftige Strömung und dazu hat es angefangen ordentlich zu winden. Und wenn Wind gegen Strömung steht dann baut sich schnell eine ekelige, kuze und steile Welle auf, gegen die wir heute anmotort sind. Jetzt liegen wir in dem Städtchen Vienne ca. 30 Kilometer südlich von Lyon an einem Schwimmsteg am Fluss und lasen uns ordentlich durchschütteln. Aber der Wind soll im Laufe der Nacht abnehmen, so dass es dann wohl etwas ruhiger werden wird. Dafür ist für morgen Regen angesagt.
Und wen ein paar Zahlen interessieren, bis hier her haben wir 237 Meilen (ca. 440 Kilometer) gefahren, 103 Schleusen passiert und 90 Stunden motort.
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