Wir stecken fest!

Erstmal die schlechte Nachricht gleich zu Beginn, die Überschrift sagt´s schon: Wir stecken fest. Unser kleines Boot hat zu viel Tiefgang bzw. der Kanal zu wenig Wasser. Im Moment sind wir in Deluz und hecken Alternativen aus. Aber es geht uns gut, der aracanga ebenso. Und wir sind guten Mutes, bald weiter zu kommen. Die Frage im Moment ist nur: Wie?

Dass wir mit unseren 1,65 Meter Tiefgang (voll bepackt wahrscheinlich sogar 1,70 Meter) hier nicht ganz problemlos durchkommen würden war uns klar. Dass der Fluss Doubs aktuell wenig Wasser führt wussten wir. In den Kanalpassagen allerdings haben wir uns relativ sicher gefühlt und hatten dort auch immer, bis auf wenige Ausnahmen, mindestens noch 30 cm Wasser unterm Kiel. Und wenn es einmal eng wurde dann hat es ein paar Meter weiter an Backbord oder Steuerbord geklappt. Jeder Offizielle, den wir gefragt haben (und es waren einige), hat uns gesagt dass es zwar etwas knapp werden würde aber wir mit unserem Tiefgang ohne größere Probleme durchkommen würden.
Sind wir auch, bis nach Chaleze. Dort hatte der Kanal auf einmal nur noch 1,4 Meter Wassertiefe, da die Uferböschung auf eine Länge von ca. 50 Metern in den Kanal gerutscht ist. Zwei Barrieren versperren den Weg, die erste schlammig, die zweite hart wie Beton. Vorgestern Nachmittag sind wir dort zum ersten Mal an der Schlammbarriere aufgelaufen und nicht weiter gekommen. Nach einigen Versuchen und Tauchgängen, um eine Passage zu finden, haben wir für diesen Tag aufgegeben. Mit dem festen Plan, am nächsten Tag durchzukommen. Also ging es ca. zwei Kilometer zurück zu einem schönen Anleger am Ufer, wo wir für den nächsten Tag vorbereitet haben: 60 Meter Ankerkette aus dem Bug auf die Backbordseite, Dieselvorräte auf die Backbordseite, Rettungsinsel auf die Backbordseite, vorderen Wassertank leergepumpt, hinteren Wassertank fast leer gepumpt. Allein dadurch haben wir schon ein paar Grad Schräglage und somit etwas weniger Tiefgang bekommen. Dann wurden mit Spibaum und Brettern Ausleger gebaut, um unser Körpergewicht möglichst weit nach außen zu bringen. Ankerbier, gute Nacht. Am nächsten Tag geht´s sehr früh los um niemanden anders zu behindern.

Um 7 Uhr haben wir dann abgelegt. Lu ist von der Olive, die uns noch begleitet, auf die aracanga umgestiegen. Gegen halb 8 waren wir zurück an unserem Schicksalshügel. Riki am Steuer, Lu auf dem Ausleger, ich auf dem Spibaum. Aufgelaufen. Nächster Plan: Mit dem Anker der Olive im Schlepp sind wir einige Male die Passage abgefahren, um den Schlamm zu lockern und uns eine Rinne freizuschaufeln. Zusätzlich bin ich getaucht und habe mit unserer kleinen Edelstahlschüssel mühsam eine Rinne für den Kiel gegraben. Gegen 10.30 Uhr waren wir endlich durch.

Große Freude, aber leider nur kurz, denn ein paar Meter weiter hat die nächste Barriere gewartet, weniger als einen Meter lang mit einer Wassertiefe von nur ca. 1,4 Meter. Also wieder tauchen und diesmal keinen Schlamm sondern große Steine auf die Seite räumen. Aber unter den großen Steinen war der Grund so verdichtet, dass wir keine Chance hatten, einen Rinne für unseren Kiel zu buddeln. Mittlerweile ist ein freundlicher Herr der VNF (die französische Schifffahrtsbehörde) auf uns aufmerksam geworden und hat auch gleich die Feuerwehr zur Hilfe gerufen, was uns ziemlich unangenehm war. Und ab diesem Moment waren wir nicht mehr tonangebend sondern den Behörden untergeordnet. Innerhalb kurzer Zeit war ein ganzes Regiment an Offiziellen um uns versammelt: Zwei Gendarmen, einige Feuerwehrmänner inklusive vier Tauchern und der Chef der Taucher ist sogar mit dem Hubschrauber eingeflogen. Viel Lärm um nichts, denn leider hat das ganze Aufgebot, das zwar sehr hilfsbereit und freundlich war, wenig von Booten verstanden und unsere Lösungsvorschläge nicht annehmen wollen. Über die steinige Untiefe konnten sie uns nicht bringen und zurück durch die schlammige Untiefe auch nicht. Das Ende vom Lied war, dass wir einige Stunden später immer noch zwischen den beiden Barrieren hingen und Feuerwehr, Gendarmerie und Taucher gegen 15.30 Uhr ihren Einsatz erfolglos abgebrochen haben und von dannen gezogen sind. Zitat des Feuerwehrhauptmanns: “Mir ist das jetzt egal wie und in welche Richtung ihr hier raus kommt, wir können Euch nicht helfen.”

Also hieß es wieder tauchen, die alte Rinne durch den Schlamm finden und Zentimeter für Zentimeter zurück durch die Untiefe, zurück den Doubs hinauf und zurück durch die Doppelschleuse nach Deluz fahren.

Was haben wir gelernt? Ein “Oui, oui, pas de problem” eines Offiziellen ist keine Garantie, dass man auch wirklich durch kommt. Unser Fehler, denn wir hätten sorgfältiger die Wassertiefen und Pegelstände checken und vielleicht von Anfang an den längeren Weg über den Vogesenkanal nehmen sollen. Im Nachhinein wissen wir aber auch, dass diese Untiefe allen wohl bekannt ist, aber nicht darüber gesprochen und nichts dagegen unternommen wird. Außerdem haben wir gelernt, dass 10 PS Diesel stärker sind als vier Taucher, selbst wenn sie Flossen tragen…

Jetzt liegen wir in Deluz in einem kleinen Hafen am Kanal. Weiter zurück zu fahren ist keine sichere Option, denn wo wir vor einer Woche noch durch gekommen sind kann es heute schon zu flach sein. Also gibt es die Möglichkeiten auf den Regen zu warten, was allerdings bis September oder Oktober dauern kann oder ein Straßentransport bis zur Saone, unsere favorisierte Lösung. Im Moment loten wir aus, welche Kran- und Transportunternehmen es gibt und was der Transport kosten wird.

Deluz ist beschaulich, nett und zur Zeit vor allem heiß, jeden Tag gut über 35 Grad. Es gibt eine kleine Bar mit noch kleinerem Angebot aber großem Herz, ansonsten ist hier nicht viel los. Aber uns geht es gut, wir nutzen die Tage um noch das ein- oder andere am Boot zu richten und sind guten Mutes, auch bald wieder los zu kommen. Wir halten Euch auf dem Laufenden wie es weiter geht.

 

 

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7 Kommentare

  1. This is of course an unpleasant situation, but the most important thing is that you were helped and you were able to continue your journey further.

  2. Holger Witschorek

    Guten morgen Ihr Lieben!

    Die Doubs ist ein echt schöner Fluss. Tolle Gegend…. aber deswegen melde ich mich nicht.

    Was haltet ihr von Luftkissen die das Boot anheben. Rechts und links, verbunden mit breiten Seilen Fixiert wird das Boot, damit es nicht zu schräg kommt, durch die Kürze der Verbindung der Luftkissen. Ihr braucht die Verbindungen, Luftkissen und einen Kompressor. Feuerwehr oder THW haben so etwas. Hab die nächsten zwei Wochen frei und könnte helfen. Vielleicht hat Jörn Kontakt zu einer Feuerwehr die so ausgestattet ist. Zumindest eine günstige Möglichkeit! Rückmeldung, gerne! Liebe Grüße Holgi

    • Riki und Martin

      Hi Holger, ja,wir haben uns das schon überlegt und durchgerechnet aber die Menge Luft die wir unter Wasser bräuchten wäre so groß, dass die Stabilität von Schiff kaum mehr gegeben ist. Wir haben sogar schon einen Kompressor und große Schläuche von Traktorreifen hier und auch mit einem Yachtkonstrukteur gesprochen,leider klappt es nicht bzw. es würde nicht ausreichen…
      Trotzdem danke dir und viele liebe Grüße an alle, Riki und Martin

  3. hallo ihr beiden, mit luftschläuchen ums boot rum geht auch nix, oder?
    irgend son olles schlauchboot oder zwei vorn und hinten oder je seitlich geht auch nich?
    man kommt ja auf die irrsten ideen, wenn man euer schönes schiff da hängen sieht!
    alles gute ind toitoitoi!
    hannes

    • Riki und Martin

      Hi Hannes, ja, das haben wir auch schon überlegt, ich habe da gerade schon auf den Kommentar von Holger geantwortet. Leider würde es nicht klappen, mit einem Kubikmeter Luft unter Wasser gewinnen wir gerade mal ca 7cm… Wir bräuchten allerdings mindestens 30cm… LG Riki und Martin

  4. …mit der KLEINEN EDELSTEINSCHÜSSEL??? Du meine Güte! Und wie hast du in dieser Schlammrinne überhaupt etwas gesehen da unten? Das erinnert mich an “African Queen”, da hat Humphrey Bogart was Ähnliches gemacht 😉 ! Respekt! ich drücke die Daumen! Liebste Grüße euch beiden!

    • Riki und Martin

      fast richtig. mit der kleinen EdelSTAHLschüssel 😀
      Gesehen habe ich nichts, eher getastet. Leider können wir im Moment dem Wasser beim Verdunsten zusehen, wir werden wohl um einen kurzen Landtransport nicht rum kommen…
      Viele liebe Grüße zurück, an Alle!

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