Die ARACANGA ist abfahrtsbereit. Endlich können wir den Anker lichten und eine erste Testfahrt unternehmen. Unser erstes Ziel soll – wieder einmal – die Nachbarinsel Carriacou sein. Die etwa 30 Seemeilen nach Norden eignen sich hervorragend, um das Boot probezusegeln: Ruhige Bedingungen im Windschatten Grenadas und etwas anspruchsvollere Bedingungen mit Wind, Welle und teils starken Strömungen zwischen den beiden Inseln.
Eine Windfahnensteuerung für die ARACANGA
Bevor es aber losgehen kann, müssen wir – nichts, was man gerne tut – acht Löcher ins Boot bohren, um die neue (gebrauchte) Windfahnensteuerung am Heck zu montieren. Unser Freund und Nachbar Marc hilft uns dabei und zieht von außen die Schrauben an, während ich in unnatürlich verrenkter Stellung unter dem Cockpitboden quetsche und mir einen zweiten und dritten Ellenbogen wünsche, um besser an die Kontermutter zu kommen. An die letzten beiden Schrauben ist kein Herankommen, jetzt ist Rollenwechsel angesagt und Marc mit seinen etwas längeren Armen muss ran. Mit etwas schlechtem Gewissen sitze ich gemütlich auf der Badeplattform und drehe an den Bolzen, während unser Kumpel stöhnt und sich windet, um gegenzuhalten. Dichtungspaste rein, die letzten Umdrehungen und zack – die Hydrovane ist montiert und ein großer Punkt der To-Do-Liste abgehakt. Zur Belohnung gibt es ein kühles Bier und die letzten Schokokekse.
Kostbares Süßwasser
Einen weiteren wichtigen Punkt erledigen wir ebenfalls die Tage: Unser neuer Wassermacher, den wir in Martinique gebraucht erworben haben, erweist sich als guter Kauf und produziert uns etwa 30 Liter Frischwasser pro Stunde. Mit Kindern, und gerade mit Windelkindern, ist unser Wasserverbrauch um ein vielfaches höher als früher. Vor allem das Waschen der Stoffwindeln verbraucht einiges an kostbarem Nass. War unser Wasserverbrauch auf unserer ersten aracanga bei etwa 5 Liter Süßwasser am Tag, sind wir aktuell bei geschätzten 30 Litern für uns vier – inklusive waschen, duschen, Zähne putzen, kochen, abspülen und trinken. Neben dem Wassermacher können wir auf der neuen ARACANGA relativ einfach Regenwasser sammeln indem wir den Deckabfluss verschließen und den genau daneben liegenden Einfüllstutzen für Frischwasser öffnen. In den ersten Tagen auf dem neuen Boot, bevor der Wassermacher installiert war, haben wir auf diese Weise in drei Stunden Starkregen etwa 1.000 Liter Wasser gesammelt und alle Tanks bis obenhin gefüllt. Insgesamt haben wir eine Wasserkapazität von 1.300 Litern.
Endlich eine Testfahrt
Jetzt müssen wir nur noch eine Mittelohrentzündung von Kira auskurieren, dann aber wirklich – die Testfahrt steht an. Marc will uns auf der ersten Etappe von Hog Island nach Saint George’s begleiten. Das Unterwasserschiff ist gesäubert, Motoröl und Kühlwasser sind gecheckt, das Rigg kontrolliert, das Dinghy hängt in den Davits und die neue Ankerkette geht nach oben. Meter für Meter befreien wir sie mit einer Bürste von Schlamm, Dreck und Muscheln, bevor sie im Ankerkasten verschwindet. Dann segeln wir zwischen den Riffs aus der Bucht, die uns schon fast zu einem zweiten Zuhause geworden ist, und dann nach Steuerbord in Richtung des Süd-Westlichen Punktes Grenadas. Der Wind kommt direkt von hinten und nur unter Genua fliegen wir mit sieben bis acht Knoten nach Westen. So haben wir uns das vorgestellt: Sanfte Bewegungen und zügiges und vor allem sicheres Segeln. Die gesamte Crew hat ein breites Grinsen im Gesicht. Es geht vorbei an The Porpoises, einer Untiefe vor der Küste an der sich die Wellen gefährlich brechen, rund Glover Island und um die Spitze der Insel. Dort setzen wir das Groß, holen die Segel dicht und weiter geht es am Wind mit angenehmer Schräglage. Ein paar Seemeilen und eine Wende später sind wir vor Saint George’s, angeln uns eine Mooring und stoßen auf die erste äußerst erfolgreich verlaufene Testfahrt an. Marc schnappt sich einen Bus zurück nach Woburn und wir genießen den Sonnenuntergang.
Eine kurze Unterbrechung, unten geht’s weiter… Etwas Werbung in eigener Sache…
Elmo und das geraubte Blau
von Martin Finkbeiner
Elmo ist ein Klabautermann. Da sein Schiff untergegangen ist, lebt er an Land, im friedlichen Städtchen Kapkap. Eines Tages spielt ihm das Schicksal ein neues Boot in die Hände und er bricht auf, um die Welt zu sehen. Doch daraus wird nichts – denn finstere Mächte trachten danach, Verderben über den Ozean und seine Bewohner zu bringen. Auch Elmos Freundin, die Meeresprinzessin Sira gerät in große Gefahr. Elmos Reise wird zu einem gefährlichen Abenteuer. Zusammen mit seinen Freunden stellt er sich gegen die Panzerechse Leviathan, den Feind des ozeanischen Gleichgewichtes und Feind aller Schönheit und Friedfertigkeit. Mit hinterhältigen Tricks und einer furchterregenden Armee will dieser die Meeresbewohner ihres Glücks berauben.
Kurs Carriacou
Für uns geht es am Tag darauf nach Carriacou. Mit angenehm leichtem Wind und wenig Welle segeln wir ohne nennenswerte Vorkommnisse oder Zwischenfälle die Westküste Grenadas entlang. Zum ersten Mal kommen wir in den Genuss, unsere neue Hydrovane zu testen. Die Windfahnensteuerung ist eine Art mechanischer Autopilot, der das Boot auf Kurs hält, ohne dabei Strom zu benötigen. Das Boot auf Kurs halten heißt in diesem Fall, den Winkel zum Wind zu halten. Änderst sich die Windrichtung ändert sich auch die Fahrtrichtung. Auf der Ivalu hatten wir eine Windpilot Pacific und auf unserer alten aracanga eine Aries, beides äußerst robuste und zuverlässige Systeme. Auch für unser neues Boot hätten wir uns wieder für eines dieser Systeme entschieden, wäre da nicht das Platzproblem zwischen Heck und Badeplattform. Die einzige Anlage, die in den Zwischenraum passt, ist eine Hydrovane. Wir haben Glück und finden eine gebrauchte Anlage zum halben Preis. Im Gegensatz zu den anderen beiden Systemen arbeitet die Hydrovane mit einem eigenständigen Ruder und gibt nicht die Kräfte an das Hauptruder weiter. Wir holen uns so viele Meinungen wie möglich zur Hydrovane ein und geben ihr eine Chance. Und bislang können wir, genau wie die vielen eingeholten Meinungen, nichts Schlechtes darüber berichten.
An der Nordspitze Grenadas segeln wir aus dem Windschatten und auch Welle und Strömung nehmen zu. Unsere Neue stapft angenehm und unbeeindruckt durch die Wellen und unser Grinsen vom Vortag ist wieder da oder vielleicht auch nie weg gewesen. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von sechs Knoten bei leichtem Wind und leichter Gegenströmung sind wir in wenigen Stunden vor Carriacou. Kira hat ihre Seebeine schnell wiedergefunden und läuft sicher ohne Stolpern durch das Boot. Und Naia kümmert das Geschaukel sowieso wenig, sie kuschelt bei Mama in der Trage und beobachtet sich mit großen Augen das blaue Panorama. Aber obwohl Kira sicher auf den Beinen ist und Naia keine großen Ansprüche hat, ist das Segeln mit den Zwergen doch sehr viel anstrengender als ohne. Kira kann sich zwar ganz gut selbst beschäftigen, nach einer Stunde spätestens jedoch will sie ihren Anteil der Aufmerksamkeit, und Naia möchte sowieso immer und überall dabei sein. Um all dies besser bewerkstelligen zu können, wird unsere Wunschliste um die Punkte Kindersitz fürs Cockpit und Maxi Cosi erweitert.
Weiter geht’s nach Martinique
In Carriacou fällt der Anker in der Tyrell Bay auf vier Meter Wassertiefe und wir werden von einem der im Sommer häufigen Gewittersqualls begrüßt. Der Wind legt auf etwa 30 Knoten zu uns der Regen prasselt nur so aufs Cockpitdach. Wir bleiben zwei Nächte und nach dem Ausklarieren setzen wir am Nachmittag die Segel mit Kurs Martinique, wo wir eine Woche später Besuch von unserem Kumpel Franz erwarten. Für die 130 Seemeilen benötigen wir 22 Stunden. Die kleinen Mädels schlafen die Nacht durch und selbst Kira in ihrer Bugkabine, wo die Schiffsbewegungen am heftigsten sind, stört das Auf und Ab durch die Welle nicht. Der Wind weht durchgehend mit etwa 15 bis 20 Knoten und etwa eineinhalb Metern Welle, nur im Windschatten von St. Vincent und St. Lucia herrscht wie fast immer flaches Wasser und Flaute. Am Nächten Tag ankern wir mittags vor Sainte Anne. Glücklich und Müde gibt es Kaffee für die Großen, Kakao für Kira und ein verwundertes Gesicht ob des neuen Geschmackserlebnisses eines Bissens zermatschter Avocado für Naia.
Zurück in Sainte Anne, zurück in Martinique. Unsere Testfahrt war ein voller Erfolg. Und als wir unseren Müll an den Recyclingplatz nach Le Marin bringen, der gleichzeitig auch eine Art Tauschbörse für nicht mehr benötigte Ausrüstung ist, steht dort ein ziemlich gut erhaltener Maxi Cosi unter dem Vordach. Nach dem Waschen sieht das Teil wieder aus wie neu. Und nicht nur das, ein paar Tage später steht an selber Stelle auch noch ein nicht mehr benötigter Kindersitz.
Uns geht’s gut. Und jetzt freuen wir uns auf unseren Besuch.
Bis dahin schicken wir herzliche Grüße aus Martinique
Naia, Kira, Riki, Martin
Schöner Artikel! Und alter Verwalter, das neue Boot ist ja ein Hammergerät, selbst für eine überzeugte Landkatze wie mich. Eine wahre Schönheit, mit den Ausmaßen eines Zwergwals 😉 Gute Fahrt!