“Nice to be nice, we are all family!” Was uns zuerst wie ein billiger Spruch von ein paar Jungs auf Touristenfang vorgekommen ist, ist mehr als das. Es ist Programm und Motto hier. Mittlerweile sind wir seit gut zwei Wochen vor Anker an der Lamin Lodge, erledigen hier einige Arbeiten an Bord und lernen viele neue Freunde kennen. Allen voran G, den hier alle G-Boy nennen und der zusammen mit seinem Kollegen Idi auf die Boote aufpasst. G kommt uns jeden Morgen auf der „aracanga“ oder auf Andrés „Streuner“ besuchen, um mit uns zusammen einen Kaffee zu trinken. Als wir ihn fragen, was wir ihm denn aus Deutschland von unserem Heimaturlaub mitbringen sollen meinte er, er hätte gerne so eine Espressomaschine und einen Milchschäumer wie wir sie an Bord haben. Unser Cappuccino, den jeder als „aracanga-coffee“ kennt, ist schon fast legendär hier und wenn wir Gäste an Bord haben wird nicht wie sonst nach Tee, sondern nach Kaffee gefragt.
„ Nice to be nice“
Ein einfaches Motto, das hier gelebt wird. Das Miteinander wird hier großgeschrieben und wer an einem Tag ein paar Dalasi verdient, der teilt sein Mittagessen mit den anderen und hilft denen aus, die nichts verdient haben. Wir essen jeden Tag mit den Jungs im Local-Restaurant zu Mittag und auch wir geben immer mal wieder einen Teller Essen oder Getränke aus, was für uns hier nicht viel Geld ist, für die Locals allerdings nicht immer erschwinglich. Das Essen ist einfach aber sehr gut, es gibt jeden Tag einen großen Berg Reis, der entweder im Fleisch-und Gemüsesud gekocht wird und „Benechin“ heißt oder mit Erdnusssauce serviert wird, genannt Domoda. Dazu gibt es ein paar Stücke Gemüse, meist Karotte, Aubergine oder Kassava und ein Stück Hähnchen oder einen kleinen Fisch. Die Portionen sind so groß, dass sie locker für zwei Personen reichen und somit können wir für 50 Dalasi reichlich und vor allem wahnsinnig lecker zu Mittag essen. 50 Dalasi entsprechen etwas weniger als einem Euro, somit kann man sich vorstellen wie oft wir in den letzten zwei Wochen an Bord gekocht haben… Für uns sind 50 Dalasi wenig Geld, hier in Gambia lebt aber der größte Teil der Bevölkerung von unter einem Euro am Tag. Die Köchin und der Besitzer des Restaurants, die hier von allen einfach Mama und Papa genannt werden, freuen sich jeden Tag wenn wir kommen und nachdem alle Begrüßungshöflichkeiten ausgetauscht sind, was hier in Gambia sehr wichtig ist, wird gequatscht, gelacht und gegessen. Wir gehören mittlerweile längst zur großen Gambia Family dazu. Jeden Tag lernen wir das ein- oder andere Wort auf Mandinka und die Einheimischen sind immer sehr erstaunt und erfreut, wenn wir sie auf deren Sprache begrüßen, nach dem Wohlbefinden fragen und ein paar Worte in ihrer Sprache sprechen. Dann wird viel gelacht, wenn wir die nächsten Fragen nur noch mit „Ha, ha“, was „Ja, ja“ bedeutet, beantworten können.
Wenn das Restaurant zu Besuch kommt
„Am Montag koche ich nicht, da komme ich Euch an Bord besuchen“. Und wie angekündigt stehen „Mama“ und eine weitere füllige Lady am Montagmittag am Pier, um abgeholt zu werden. Im Gepäck zwei große Tüten mit Lebensmitteln, denn sie wollen nicht nur zu Besuch kommen, sondern an Bord für uns kochen. Nachdem das erste Abenteuer, der Transfer aufs Boot, gut überstanden ist, die Beiden können nämlich nicht schwimmen, wird an Bord des Streuners auf dem Gaskocher im Cockpit ordentlich aufgekocht. Es gibt – natürlich – Benechin, dazu Gemüse, Hähnchenfleisch und frisch gefangene Krebse. Während Mama kocht stehen zwei weitere Frauen an der Pier, die auch abgeholt werden möchten und auch G kommt zum Essen auf den „Streuner“.
Wie jeden Tag schmeckt es vorzüglich und nach dem Essen gibt es von André gebackenen Kuchen, der mit viel Appetit bestaunt und verputzt wird und natürlich „aracanga-coffee“. Danach wird Mamas Musikbox, die den Streuner mit dem hier allgegenwärtigen Reggae beschallt, aufgedreht und die Frauen fangen an, im Cockpit zu tanzen. Auch wir werden nicht verschont und schon bald tanzen drei üppige und eine nicht ganz so üppige Lady im Cockpit mit drei schmalen Toubabs, wie wir Weißen hier genannt werden. Die Frauen haben einen riesigen Spaß an Bord, genauso wie wir, aber irgendwann ist der Drang an Land zu kommen dann doch zu groß bzw. die Bordtoilette ist zu suspekt und zu eng. Also geht es in zwei Fuhren zurück an Land. Beim Abenteuer „Einsteigen“ ins Dinghi läuft noch alles ganz gut, aber beim Aussteigen gibt es den Klassiker: Ein Bein an Land, ein Bein im Boot und dann einen lauten Platsch. Kurzer Schockmoment, die Lady kann nicht schwimmen, aber sie hält sich tapfer und prustend vor Lachen am Steg fest und mit vereinten Kräften und unter lautem Gegacker der restlichen Damen hieven wir sie zurück an Land. „Fosama“ – Bis morgen und „Abaraka“ für den tollen Tag und das leckere Essen. Wir haben auch schon ein tolles Mitbringsel aus Deutschland für Mama: Einen Gemüseschäler, davon war sie hin und weg.
Bootsbasteln und Heimaturlaub
Es wird aber nicht nur gegessen und gelacht, zwischenrein arbeiten wir auch und unsere Sprayhood bekommt neue Fenster. Die feste Sprayhood, auch Dodger genannt, haben wir vor der Abreise selbst gebaut und sind mächtig stolz auf das Ding. Aber beim Einbau der Scheiben haben wir so ziemlich alles falsch gemacht, sie sind an allen Ecken und Enden gesprungen und gesplittert und waren außerdem etwas zu dünn dimensioniert. Also weg damit, neue Scheiben drauf und – tada – wir haben wieder den vollen Durchblick. Auf die Schrauben verzichten wir an den Seitenfenstern komplett und kleben das Plexiglas nur ein. Die Frontscheibe wird nur mit drei Schrauben pro Seite fixiert, die wir ordentlich unterlegen und nicht zu fest anziehen. Wir sind gespannt, ob es diesmal länger hält, das Ergebnis macht jedenfalls einen guten Eindruck.
Im Mai ist Heimaturlaub angesagt. Wir werden für drei Wochen nach Hause fliegen, um Familie und Freunde zu besuchen und freuen uns schon wahnsinnig darauf. „Half-Die“, unser Kater, darf leider nicht mitfliegen, er muss hier auf uns warten und wohnt seit ein paar Tagen im Local-Restaurant, wo er von Mama, Papa und den Jungs bestens versorgt wird. Er ist der neue Star im Restaurant und jeder möchte mit ihm spielen und ihm ein Stück vom Fisch oder Hühnchen abgeben. Den ersten Tag an Land war er noch etwas nervös, mittlerweile hat er sich aber gut eingelebt und genießt seinen Landurlaub.
Soweit von Bord. Wir schicken herzliche Grüße nach Hause und freuen uns schon, den Ein- oder Anderen in Deutschland zu sehen. Bis dahin alles Liebe von uns und unserer Gambia Family. Riki und Martin
Freiheit auf Zeit – Weltumsegler erzählen (Kristina Müller)
Jede Weltumsegelung ist eine Liebesgeschichte. Erzählt von Männern und Meeren, von Frauen und Freiheit. Und von der Verwirklichung lang gehegter Träume.
Vor diesen Geschichten sei gewarnt. Sie können akutes Fernweh auslösen und Reisefieber verursachen, bis hin zu dem drängenden Verlangen, jetzt, gleich und hier alles stehen und liegen zu lassen, auf ein Boot zu steigen und davon zu segeln…
Zwölf Weltumsegelungen – zwölf ganz unterschiedliche Geschichten – unter Anderem die Geschichte unserer Weltumsegelung mit der Ivalu von 2010 bis 2013
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Ahoi 😉
Wie is das nun mit Corona in Gambia?
Denkt Ihr es ist möglich diesen Winter dorthin zu segeln?
Ich freue mich sehr Eueren Block gefunden zu haben!
Sicher sehn wir uns dort 😊
Liebe Grüße,, Rainer, vom Katamaran ZEN,
derzeit vor Cultura / Portugal