Von Hühnern und Affen, Werft und Politik

Da sich die letzten beiden Beiträge, aber auch der Großteil unseres Alltags, fast ausschließlich um unsere Arbeiten auf der Werft gedreht haben, wollen wir in diesem Beitrag zunächst einmal ein paar Absätze über unser Leben am Rio Dulce schreiben.

Von Hühnern und Affen

Seit drei Monaten leben wir bereits in unserem kleinen Bungalow auf der gegenüberliegenden Seite des Rio Dulce. Es ist das absolute Kontrastprogramm zum Bootsleben: Vor dem Haus scharren und picken die Hühner und Puten nach Futter, während die männlichen Artgenossen nur das Eine in ihrem kleinen Kopf haben und den Damen pausenlos nachstellen. Der Truthahn ist deutlich im Vorteil, zwar hat er nur zwei potentielle Partnerinnen, dafür keine Konkurrenz. Die Hähne hingegen müssen sich zu siebt um die Mädels streiten und währenddessen permanent um ihre Rangfolge kämpfen, was regelmäßig in eine Art Gruppenvergewaltigung ausartet. An Schlaf ist ab zwei Uhr morgens nicht mehr zu denken, weder für uns noch für unsere Nachbarn und Freunde Karin und Alex. Des Öfteren halten wir gemeinsamen Kriegsrat, wie wir das Testosteronproblem im Vorgarten lösen, bis Karin die Initiative ergreift und unsere Vermieterin anspricht, ob sie da nicht etwas tun könnte. Dann geht alles ganz schnell. Am nächsten Morgen ist es verdächtig leise und sechs der Schreihälse liegen sauber aufgereiht in der Gefriertruhe: „Die gibt es zu Weihnachten.“

Ein Leguan in einem Baum, Rio Dulce
Leguan

Neben den Vögeln gibt es noch zwei Hunde und einen kleinen Kater, Macho, der es Kira und Naia besonders angetan hat. Hin und wieder besucht er uns zur großen Freude der Mädels in unserer Hütte und genießt die viele Aufmerksamkeit. Bis ihm dann Naias überschwängliche Liebe zu viel wird und Macho als Kontrastprogramm im Hof ihre Jagdmethoden übt. Arme Hühner, kaum sind die Hähne weg, schärft der Kater seinen Jagdtrieb.

Naia im Dinghy, Rio Dulce
Dinghyausflug – auf der Suche nach den Affen

Neben Haus- und Hoftieren gibt es noch allerlei andere Tiere in und um unsere Hütte sowie im nahegelegenen Dschungel und im Fluss Rio Dulce: Schlangen und Leguane, Krokodile und Seekühe, Schildkröten und Affen, Tukane und Pelikane. Und viele, viele mehr, die wir leider in freier Wildbahn kaum zu Gesicht bekommen werden, da sie gefährdet und/oder zu gut versteckt sind: Tapire, Jaguare oder rote Aras, nach denen unser Boot benannt ist: ARACANGA. Vorgestern haben wir seit langer Zeit wieder einmal Skorpione entdeckt, den Ersten in der Küche und dann noch einen im Kinderzimmer: „Papa, komm mal, da ist noch ein Skorpion.“ Kira weiß genau Bescheid: Keine unbekannten Tiere anlangen, langsam weggehen und uns holen. Die Hühner haben sich über die beiden Leckerbissen gefreut.

Von Ausflügen und Freundinnen

Mit dem Dinghy machen wir manchmal Ausflüge auf dem Rio Dulce und seinen Nebenarmen, um die Brüllaffen oder die riesigen Leguane am Flussufer zu sehen. Die stattlichsten Exemplare der Echsen sind mit Schwanz länger als wir groß. Die Affen sind morgens und abends mit ihrem lauten, dumpfen Gebrüll auch auf dem Werftgelände gut zu hören und manchmal sogar in den angrenzenden Bäumen zu sehen. Andere Ausflüge gehen nur wenige Meter von unserem Bungalow entfernt nach Tijax, um mit etwas Glück ein Krokodil zu sehen, oder durch den hiesigen Dschungel, vorbei am lokalen Sägewerk, wo man günstiges Teakholz von der eigenen Plantage kaufen kann, und dann weiter durch die nahegelegene Kakaoplantage.

Sonnenfinsternis am Rio Dulce
Die Sonnenfinsternis durch das Schweißglas über unserem Mast

Und dann war da noch die ringförmige Sonnenfinsternis. Spezielle Brillen oder ähnliches sucht man hier vergeblich, aber einer unserer Werftarbeiter hatte ein Glas eines Schweißhelms in der Tasche, wodurch man das Spektakel wunderbar beobachten konnte, wenn auch nur kurzzeitig, denn bei einem Glas für Alle waren jedem nur ein paar wenige Blicke beschert. Trotzdem, es war beeindruckend.

Kira beim Schwimmen, Nanajuana, Rio Dulce
Kira in ihrem Element

Kira hat zwei gute Freundinnen hier am Rio Dulce, Paizley und Lou. Schwimmen und tauchen im Pool, Fahrrad fahren oder Schätze suchen, sobald die Mädels zusammen sind gibt es kein Halten mehr. Wobei aufgrund der extremen Hitze ein Großteil der Zeit im Wasser verbracht wird. Die 1,7 Meter Wassertiefe sind kaum eine Herausforderung mehr, um Bälle oder Münzen hoch zu tauchen und das mit dem Schwimmen klappt beruhigenderweise mittlerweile ziemlich gut, mit etwas anfeuern ist eine komplette Bahn drin. Schwer zu sagen, wer sich am meisten darauf freut, wieder auf dem Boot zu wohnen, schnorcheln zu gehen und Strände zu erforschen. Bei Kira jedenfalls ist die Sehnsucht sehr, sehr ausgeprägt.

Eine kurze Unterbrechung, gleich geht’s weiter… etwas Werbung in eigener Sache…


„Hätten wir Martin (…) und seine Familie nicht mitten auf dem Ozean getroffen, hätten wir wahrscheinlich auch Elmo nie kennen gelernt. Beides wäre ein großer Verlust gewesen! Mit Martin, Riki und ihren Töchtern Kira und Naia (…) verbindet uns inzwischen eine innige Freundschaft. Klabautermann Elmo ist ein wunderbares Kinderbuch, doch nicht nur. Selbst uns hat Elmo mit seinem Abenteuergeist und seiner Fantasie verzaubert.“ Karin Wenger, Autorin und Radiojournalistin beim SRF

Cover Elmo und das geraubte Blau

Elmo und das geraubte Blau

von Martin Finkbeiner

Elmo ist ein Klabautermann. Da sein Schiff untergegangen ist, lebt er an Land, im friedlichen Städtchen Kapkap. Eines Tages spielt ihm das Schicksal ein neues Boot in die Hände und er bricht auf, um die Welt zu sehen. Doch daraus wird nichts – denn finstere Mächte trachten danach, Verderben über den Ozean und seine Bewohner zu bringen. Auch Elmos Freundin, die Meeresprinzessin Sira gerät in große Gefahr. Elmos Reise wird zu einem gefährlichen Abenteuer. Zusammen mit seinen Freunden stellt er sich gegen die Panzerechse Leviathan, den Feind des ozeanischen Gleichgewichtes und Feind aller Schönheit und Friedfertigkeit. Mit hinterhältigen Tricks und einer furchterregenden Armee will dieser die Meeresbewohner ihres Glücks berauben.


Von Werft und Internet

Die ARACANGA auf der Werft
Der angeschliffene Rumpf. Noch fehlen kleine Reparaturen unter den blauen “Pflastern” und Farbe

Tja, wie schon geschrieben, ein großer Teil unseres Alltags dreht sich zur Zeit um die Reparaturen unserer ARACANGA, die gerade zu einem mittelgroßen Refit ausarten. Wir haben zwar gewusst, dass wir neben dem sehr günstigen Kaufpreis noch etwas Geld benötigen werden, um verschiedene Reparaturen zu erledigen, Anschaffungen und Verbesserungen zu machen, dass es so viel wird, überrumpelt uns jedoch im Moment etwas. Das soll kein Jammern sein, Geld ist lediglich ein Thema, das uns zur Zeit beschäftigt und daher erwähnen wir es auch hier im Blog. Windfahne, Wassermacher, Sprayhood, Ankerkette, Maststufen, Dinghy und Außenborder, vieles haben wir im vergangenen Jahr bereits besorgt und erledigt. Unterwasserschiff sandstrahlen, neue Seeventile einbauen Coppercoat aufbringen und ein paar Kleinigkeiten erledigen, das war der ursprüngliche Plan unseres Werftaufenthaltes, für den wir ein bis maximal zwei Monate eingeplant haben.

Schrottplatz, Rio Dulce
Auf der Suche nach Kleinteilen beim lokalen Bootsschrottplatz. Foto: sailingmabul.com

Für das Coppercoat haben wir kein Geld mehr, dafür haben wir in den letzten drei Monaten gemeinsam mit der Werft hier am Rio Dulce einiges geschafft: den Rumpf großflächig repariert, ebenso Kleinigkeiten an Kiel und Ruder repariert, ein neues Wellenlager eingebaut und die Halterung hartlöten lassen, ein Leck im Getriebe hoffentlich endgültig repariert, neue Dieseltanks schweißen lassen und eingebaut, den Heckkorb und andere Kleinigkeiten schweißen lassen, die Seeventile komplett gewechselt, eine neue Fuge aus 3M 5200 zwischen Kiel und Rumpf gezogen, die Fußreling neu lackiert und repariert und und und. Jetzt fehlen noch Primer und Antifouning auf dem Unterwasserschiff und eine neue lackierung, die sich leider als notwendig herausgestellt hat, auf dem Rumpf über der Wasserlinie. Mal schauen, welche Farbe die ARACANGA wohl bekommen wird?

Neue Seeventile
Die neuen Seeventile im Motorraum

Und dann haben wir uns noch, auch wenn wir uns lange dagegen gewehrt haben, Starlink angeschafft. Starlink gibt uns die Möglichkeit, weltweit auf das Internet zuzugreifen. Das Wichtige für uns ist es, unterwegs Wetterberichte empfangen zu können, gerade wenn wir kommendes Jahr weit nach Süden segeln werden. Bislang haben wir das über unser Iridium Satellitentelefon gemacht. Iridium kostet uns inklusive allem, wenn wir es für einen Monat aktivieren, 350 Euro. Dafür bekommen wir 60 Minuten Telefonverbindung oder Datenverbindung, die jedoch lediglich für E-Mails mit max. 50kb Größe ausreicht. Starlink können wir beliebig aktivieren und pausieren, es kostet uns im Monat etwa 60 Euro und dafür bekommen wir schnelles und unlimitiertes Internet an Land. Dazu kommen 2 Euro pro Gigabyte, falls wir auf offener See sind. Die Rechnung ist einfach, dass Starlink für uns deutlich günstiger ist, noch dazu müssen wir keine lokalen SIM-Karten mehr kaufen. Als Notfallkommunikationsmittel werden wir das Iridium-Telefon behalten, jedoch nur im Notfall aktivieren lassen. Starlink. Willkommen in der Zukunft, wie es Freunde von uns ausgedrückt haben, die es eigentlich auch nicht an Bord haben wollten.

Von Politik und Protesten

Straßenblockade bei Rio Dulce
Blockierte Straße bei Rio Dulce. Foto: sailingmabul.com

Noch ein kurzes Wort zur politischen Situation in Guatemala, worüber aufgrund vieler tragischer Kriege in der Welt kaum etwas in den Medien zu lesen ist: Im August gab es Wahlen hier in Guatemala und nach der Stichwahl hat sich mit ca. 60% unerwartet der linksgerichtete Außenseiter Arévalo gegen die in den Umfragen vorne liegende Sandra Torres durchgesetzt. Guatemala wird seit Jahren von einer Elite aus Politik, Wirtschaft und Banden korrupt regiert und das überraschende Wahlergebnis hat einen Neustart versprochen, gerade weil sich Arévalo den Kampf gegen die Korruption ganz oben auf die Fahne geschrieben hat. Daraufhin wurden mehrere Verfahren gegen die Partei Arévalos, “Semilla”, und den Kandidaten eingeleitet, was zur Annahme führte, dass er gehindert werden könnte, sein Amt anzutreten. Außerdem ist seine Partei “Semilla” wegen angeblich falscher Unterschriften nachträglich von der Wahl suspendiert worden. Seitdem werden große Teile des Landes durch die Blockade von Straßen und Grenzübergängen blockiert mit dem Ziel des Rücktritts der Generalstaatsanwältin Porras und Anderen, die illegal Wahlurnen beschlagnahmt haben und für die Suspendierung verantwortlich sind.

Bei uns in Rio Dulce bekommen wir nur wenig von all dem mit, die meisten Proteste finden in der Hauptstadt Guatemala City statt. Kurzzeitig waren frische Lebensmittel, Sprit, Diesel und Wasser knapp, was sich aber nach wenigen Tagen wieder normalisiert hat, da die Demonstranten mit der Regierung ein Abkommen geschlossen haben, Lebensmittel und Treibstoff passieren zu lassen.

Von Plänen und Patagonien

So weit von uns. Einen Monat noch, so hoffen wir, und unsere ARACANGA wird wieder schwimmen. Ganz vorsichtig machen wir die ersten Pläne für nach unserer Zeit in Rio Dulce und nach der Hurrikansaison: Es soll nach Honduras und Belize gehen, dann weiter via den Inseln Providencia und San Andrés nach Panama und durch den Panamakanal. In einem Jahr möchten wir dann irgendwo auf dem Weg nach Südchile und Patagonien sein.

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