Havanna. Der Besuch dieser Stadt darf auf keiner Cuba-Reise fehlen. Havanna, oder La Habana wie die Stadt auf spanisch heißt, wurde bereits 1519 gegründet und ist mit seinen 2,1 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Karibik nach Santo Domingo. Wir besuchen die Hauptstadt Kubas mit dem Taxi von Cienfuegos aus, wo wir unsere ARACANGA in der dortigen Marina zurücklassen.
Die Taxifahrt dauert etwa drei Stunden. Es geht quer durch ein spärlich besiedeltes, flaches Land. Auf den Straßen ist kaum was los, denn aufgrund der aktuellen Versorgungskriese sind Sprit und Diesel kaum verfügbar und entsprechend teuer. Nach einer unspektakulären Fahrt steigen wir irgendwo mitten im Zentrum Havannas aus und sind mit der Masse an Menschen, dem vielen Verkehr und der hektischen Betriebsamkeit zunächst regelrecht überfordert. Das erste Ziel heißt Essen, das Zweite eine Unterkunft finden, wo wir unsere Rucksäcke lassen können, bevor wir aufbrechen, die Stadt zu erforschen. An einem kleinen Straßenkiosk stillen wir unseren ersten Hunger mit ein paar Kroketten und Empanadas. Jetzt geht es gleich besser. In einer kleinen Buchhandlung, die wie jede Buchhandlung hier neben Marx’ und Engels’ Kommunistischem Manifest in erster Linie Werke von und über Fidel, Che sowie sozialistische Lobeshymnen führen, erstehen wir einen Stadtplan von Havanna und machen uns dann auf in Richtung Kapitol, was wir für einen guten Ausgangspunkt für die Erkundung der Stadt halten.
“Cabrio tour of Havanna?” – “No, thank you.”
“Free guided tour of Havanna?” – “No, thank you.”
“Horsecart tour of Havanna?” – “No, thank you.”
Wir bemerken schnell, dass wir im touristischen Zentrum der Stadt angekommen sind, von allen Seiten wird versucht, uns irgendwelche Touren zu verkaufen. Wir fragen einen Kutscher nach einer günstigen Unterkunft und kommen ins Gespräch mit ihm. Er ist ein sympathischer Kerl, den die aktuelle Kriese genauso hart trifft wie den Rest der Bevölkerung. Kira ist fasziniert von dem großen Pferd und, warum eigentlich nicht, er bietet uns an für 10 Dollar eine Stunde durch die Stadt zu kutschieren und uns auch gleich noch eine günstige Unterkunft zu zeigen. Das ist für uns, die wir im Moment etwas müde von der langen Fahrt und nach den letzten Wochen der Einsamkeit völlig reizüberflutet sind, eine willkommene Möglichkeit, ohne viel Eigeninitiative die Stadt zu entdecken und einen Überblick zu bekommen. Also, rauf auf die Kutsche und los geht’s quer durch und rund um die weltberühmte Altstadt von Havanna.
In Havanna fühlen wir uns, wie in ganz Cuba, in eine andere Zeit zurückversetzt: Die alten Kolonialhäuser, einige wenige renovierte und umso mehr in den verschiedensten Zuständen des Verfalls, der Sanierung oder des Wiederaufbaus, die Fahrradrikschas, die Pferdefuhrwerke und die 1950er Chevies, dazu die allgegenwärtige Musik, geben der Stadt einen einzigartigen Charme, den wir so an keinen anderen Ort bislang gefunden haben.
Für den ersten Tag nehmen wir uns neben unserer Kutschfahrt, die übrigens jeden ihrer zehn Dollar mehr als wert ist, nicht viel vor. Vielmehr wollen wir diese einzigartige Atmosphäre bei dem ein oder anderen Mojito einfach auf uns wirken lassen. Mit Erfolg, wir streunen durch die Altstadt und finden schließlich ein kleines Lokal, wo wir ein Hähnchen vom Grill und besagtes großes Glas Mojito dazu bekommen. Eine dreiköpfige Band singt Chan Chan und andere Klassiker von Buena Vista Social Club und wir schwelgen dahin, selbst die Kids sind begeistert von der Musik und Atmosphäre. Irgendwann am Abend schlendern wir zurück zu unserer Unterkunft.
Unser Zimmer ist günstig und fensterlos. Es gibt zwei Betten, einen laut brummenden Kühlschrank und ein Bad. Für uns, die wir die Stadt sehen und nur zum Schlafen hier sein möchten, ist es völlig ausreichend. Für Kira ist es ein absolutes Highlight, das sie ein paar Tage später auf die Frage hin, was ihr in Havanna am besten gefallen hat, noch einmal hervorhebt: “In einem Haus zu schlafen. Und die Dusche.” Die Kutschfahrt folgt erst auf Rang Drei. Unsere Vermieterin ist eine sympathische Frau um die 60, die die beiden blonden Mädels ganz entzückend findet und am kommenden Tag als Überraschung für Kira und Naia Bananenjoghurt bringt, den sie in den brummenden Kühlschrank stellen möchte. Nur, dass wir den bis dato offenbar leeren Kühlschrank kurzerhand abgesteckt hatten ohne zu wissen, dass das Gefrierfach voller Fleisch ist. Ein leiser Fluch ihrerseits, betretene Gesichter unserseits, dann kann sie schon wieder lachen. “No problema.” An diesem und wahrscheinlich den kommenden Tagen gibt es reichhaltig fleischhaltig zu essen in der Calle Consulado. Und Kira und Naia genießen ihren Bananenjoghurt.
Für den kommenden Tag steht das Revolutionsmuseum auf unserer Agenda, welches wir unbedingt besuchen möchten. Es besteht aus einem Besuchspark, wo das berühmte Motorschiff “Granma“, mit dem Fidel und seine 81 Revolutionäre 1956 auf Cuba landen, um den Diktator Batista zu stürzen, sowie einige andere Gefährte und Flugzeuge aus der Zeit des Guerillakrieges stehen, sowie dem Museum selbst. Leider wird das Museum im Moment renoviert und wir können lediglich den Park besuchen. Schade. Im Anschluss daran erkunden wir die berühmte Fußgängerzone sowie sämtliche Plätze, Orte und Gebäude in der Altstadt Havannas. Wieder sind wir vom Charme der Stadt verzaubert und nach einigen Stunden und Kilometern Fußmarsch enden wir wieder in uns wohlbekannter Bar mit den Mojitos. Naia macht, so glauben wir zunächst, die Hitze zu schaffen, darum machen wir uns bereits am späten Nachmittag auf den Weg zurück zu unserer Unterkunft. Kurze Zeit später liegen wir alle flach, es ist nicht die Hitze, sondern wir haben uns irgendwo mit irgendwas angesteckt und außer Kira allesamt krank.
Für den kommenden Tag hatten wir eine Stadtführung mit einem Deutsch-Kubaner, der in der DDR aufgewachsen ist, geplant, die wir jedoch krankheitstechnisch absagen. Stattdessen machen wir ganz gemütlich, bummeln entlang des Paseo de Marti, gönnen uns ein paar lokale, süße Backwaren und genießen trotz allem unseren letzten Tag in Havanna, bevor wir uns am Tag darauf wieder auf den Rückweg nach Cienfuegos zu unserer ARACANGA machen. So schön der Ausflug war, so schön ist es, wieder daheim zu sein.
Wir bleiben vor und nach unserem Ausflug nach Havanna insgesamt eine Woche in Cienfuegos, einer reizenden Stadt an der Südküste Cubas. Hier kurieren wir uns aus und warten auf ein passendes Wetterfenster, um die nächste Etappe nach Guatemala mit einem Zwischenstopp auf den Cayman-Inseln in Angriff zu nehmen. Flaute, Flaute und Flaute sagt die Vorhersage und wir machen uns auf eine ruhige Leichtwindüberfahrt und wahrscheinlich auch ein paar Meilen unter Maschine gefasst. Zum Glück kostet der Diesel in Cienfuegos nur 30 Pesos pro Liter, umgerechnet 17 Cent. Soweit aus Cuba.
Viele Grüße senden die vier ARACANGAS Naia, Kira, Riki und Martin