Lago Izabal – zwischen Bergen und Dschungel

Vor Anker am Lago Izabal

Der Lago Izabal ist die Verlängerung des Rio Dulce, er und seine Zuflüsse speisen den Fluss mit Wasser. Er ist der perfekte Ort, unsere ARACANGA nach ihrem Refit probezusegeln und das Boot und die Crew wieder ans Wasser zu gewöhnen. Eigentlich wollten wir ja den Fluss runter und ins nahegelegene Belize segeln, haben uns aber quasi beim Ablegen ganz kurzfristig umentschieden und sind flussaufwärts statt -abwärts gefahren.

Anker auf. Kurs Lago Izabal

Anker auf. Es geht hindurch unter der gewaltigen Brücke, die den Rio Dulce bei Fronteras überspannt und weiter vorbei am Castillo San Felipe, einem spanischen Fort aus dem Jahr 1644 zur Abwehr holländischer, portugiesischer und englischer Piraten. Der Rio Dulce, der Lago Izabal und seine Zuflüsse waren während der Zeit der spanischen Unterdrückung und auch darüber hinaus von großer Bedeutung für die Schifffahrt und den Transport von Kaffee und Holz.

Endlich wieder unterwegs. Die Crew ist glücklich.

Vorbei am Castillo liegt der See vor uns. Die mächtigen Gebirgsketten an Nord- und Südufer sorgen für ein beeindruckendes Panorama und wir tuckern – leider ist absolut kein Wind, um die Segel zu setzen – in Richtung Süd-Ost-Ecke des Sees. Hier soll es einen Strand geben, eine von Kiras größten Sehnsüchten während der kompletten Hurrikansaison.

Der Lago Izabal ist meist nicht viel tiefer als 10 Meter und an seiner tiefsten Stelle misst er nur 18 Meter. Karten für den See sind kaum existent, aber mit einem Auge auf das Echolot ist die Navigation einfach. Im Westen grenzt der See an den Dschungel, wo er von verschiedenen Flüssen gespeist wird. Der See ist Heimat von über dreißig verschiedenen Fischarten, drei davon endemisch, 280 verschiedenen Vogelarten, Affen, Seekühen und einer großen Anzahl verschiedener Amphibien und Reptilien, wie z.B. den bis zu drei Meter langen Krokodilkaimanen. Sogar Sägerochen und Bullenhaie kommen im See vor. Leider gelten die meisten der Tiere als stark gefährdet und um eines von ihnen zu Gesicht zu bekommen braucht man viel Zeit und Geduld.

Dennys Beach

Dennys Beach

Nach etwa zwei Stunden Tuckerfahrt ankern wir auf vier Meter Wassertiefe im Südosten des Sees bei Dennys Beach. Ein paar weiße, selbst zusammengezimmerte Stühle stehen am Strand, ein kleines Restaurant und einige Hängematten dahinter. Schwanzwedelnd werden wir von ein paar Hunden, die gerade noch im Schatten einer Palme gedöst haben, begrüßt, ansonsten ist der ganze Ort sehr verschlafen. Wir gönnen uns eine Cola, Kira ist bereits von oben bis unten von Sand paniert und Naia, die sich an den letzten Strand nicht erinnern kann, ist damit beschäftigt, ihre Hände und Füße sauber zu halten. „Bäh, Mama.“ Am Anfang ist ihr der Strand noch sehr suspekt, was sich dann aber schnell legt.

Gegen Abend dreht der Wind und frischt auf

Am späten Nachmittag beobachten wir, wie der See sich weiter nördlich dunkel verfärbt, was ein Zeichen für Wind ist. In kurzer Zeit ist der Wind auch bei uns angekommen, kräftig und auflandig. Wir zahlen die Cola, packen die Sachen ins Dinghy und machen uns auf den Weg zurück zum Boot, wo sich bereits eine unangenehme Welle aufgebaut hat. Auflandiger Wind ist immer blöd, denn sollte der Anker einmal nicht halten, treibt dieser Wind das Schiff innerhalb kürzester Zeit auf das Land zu. Wir sind mangels Optionen etwas unentspannt. Natürlich könnten wir den Anker aufholen und trotz der bereits untergehenden Sonne in zwei Stunden an das gegenüberliegende, geschützte Ufer fahren. Während wir jedoch an Land waren, haben Fischer in unserer Nähe mehrere Netze ausgebracht. Ein Netz in der Schiffsschraube wäre noch blöder als ein nicht haltender Anker, das wollen wir nicht riskieren. Auch mehr Ankerkette auszubringen ist keine Option, da genau an unserem Heck ebenfalls ein Fischernetz liegt. Also schalten wir den Ankeralarm am GPS an, checken den Wetterbericht (der Wind muss wohl ein sehr lokales Phänomen sein, da nichts vorhergesagt war), und warten ab. Es ist zwar etwas ungemütlich, aber der Anker hält gut. Als wir am nächsten Morgen den Anker dann aufholen möchten, hält er sogar so gut, dass wir ihn kaum aus dem schlammigen Boden gezogen kriegen. Hätten wir das am Vorabend gewusst, hätten wir mit Sicherheit besser geschlafen.

Agua Calliente

Kira mit den letzten Nachzüglern der Kuhherde

Anker auf und Kurs Nordwest. Unser Ziel ist heute die Finca El Paraiso an der Flussmündung des Rio Agua Calliente, was übersetzt Fluss Warmes Wasser heißt. Zwei Stunden später fällt der Anker wieder, ohne Welle und ohne auflandigen Wind. An Land erwartet uns das gleiche Bild wie bei Dennys Beach: Ein liebenswerter, verschlafener Ort, ein paar Hunde, ein paar zusammengezimmerte Stühle, diesmal bunt, und ein Schaukelgestell mit Rutsche – Naia und Kira sind versorgt. Als es am späteren Nachmittag etwas abkühlt unternehmen wir einen Spaziergang entlang der Straße, einem einfachen Feldweg. Ein Gaucho reitet aufrecht im Sattel sitzend an uns vorbei und grüßt, kurze Zeit später finden wir uns inmitten einer großen Kuhherde wieder. Die Tiere mit ihren Kälbern werden von vier Cowboys auf eine Weide getrieben. Kira und Naia stehen mit großen Augen, aber völlig angstfrei inmitten des Spektakels, und wir sind viel zu überrascht, um die Kamera auszupacken. Erst als die letzten Nachzügler hinter der Herde nachtrotten machen wir noch schnell ein paar Bilder.

Kira in einer der Höhlen unter den Wasserfällen

Am nächsten Morgen unternehmen wir noch einmal einen Ausflug an die heißen Wasserfälle, die dem Fluss Agua Calliente ihren Namen geben und von hier nur einen Fußmarsch entfernt sind. Vormittags haben wir diesen speziellen Ort ganz für uns alleine. Der Wasserstand ist etwas niedriger als bei unserem letzten Besuch, so dass diesmal auch Kira in die Höhlen unter den Wasserfällen tauchen kann. Wie auch bei unseren letzten Besuchen sind wir nach ein paar Stunden Wohlfühlprogramm am Wasserfall alle wohlig geschafft und freuen uns, als wir auf dem Rückweg zu einer Familie auf die Pritsche ihres Pick-Ups hochklettern dürfen und mitgenommen werden.

Ensenada Boco Anco – das Westende des Sees

Am Westende des Lago Izabal

Nächster Stopp: Das Westende des Sees. Wir möchten in einer der Buchten ankern, wo man nur von Urwald umgeben ist. Vorbei an der Ortschaft El Estor fahren wir mit sehr langsamer Geschwindigkeit in das Labyrinth aus Buchten, Flussmündungen und Sandbänken. Der Tiefenmesser zeigt drei Meter Wassertiefe, was einen Meter Wasser unter unserem Kiel bedeutet. Wir machen noch langsamer und tasten uns langsam hinein, als das Echolot dann nur noch 2,3 Meter anzeigt werfen wir den Anker. Hinter uns macht es einen lauten Platsch und wir sehen nur, wie etwas großes abtaucht, wir wissen jedoch nicht, was für ein Tier das war.

Wasserhyazinthen und Urwald am Ufer des Lago Izabal

Um uns herum herrscht absolute Stille, die nur vom Schreien eines Vogels oder vom Gebrüll der Affen unterbrochen wird. Wir machen das Dinghy klar und unternehmen eine kleine Erkundungsfahrt entlang der Ufer. Die Flüsse, die in der Karte zu sehen sind, sind zumeist dicht von Wasserhyazinthen zugewachsen, was leider eine Folge von zu vielen Düngemitteln, die in den See gelangt sind, ist. Apropos Umweltverschmutzung: In Sichtweite von uns ist die Nickelmine, die bis vor kurzem noch in Betrieb war, und für verschiedene Umweltskandale und eine ganze Reihe von überhöhten Messwerten am Lago Izabal geführt hat. 2017 wurde der See infolge starker Regenfälle und eines übergelaufenen Abwasserbeckens rot verfärbt, mehrere Metalle und Schwermetalle belasten die Fische und andere Tiere am und im See und ganze Populationen von Tieren, wie z.B. die der Seekühe, sind unter anderem aufgrund der Tätigkeiten der Mine stark dezimiert worden. Unsere Freunde Karin und Alex haben hierzu übrigens eine Folge (Folge 51) in ihrem Podcast.

Im Dinghy auf dem Rio Polochic, dem größten Zufluss des Lago Izabal

Leider sehen wir außer vielen Vögeln kaum Tiere und beschließen, am nächsten Tag in der Früh noch einmal mit dem Dinghy loszuziehen. Das machen wir dann auch, wir suchen uns mit Hilfe eines einheimischen Fischerkanus, die uns mit Handzeichen lotsen, einen Weg durch die versandete Mündung des Rio Polochic, dem größten Zufluss des Lago Izabal, und fahren ein paar Meilen flussaufwärts, zunächst durch Schilf- und Hyazinthengürtel, später durch den Dschungel. Dann schalten wir den Außenborder ab und lassen uns flussabwärts treiben. Wieder einmal werden die Brüllaffen ihrem Namen gerecht und sorgen für eine eindrucksvolle Geräuschkulisse, sehen tun wir sie diesmal leider nicht.

El Refugio

El Refugio im Südwesten des Lago Izabal

Zurück am Boot holen wir das Dinghy in die Davits, holen den Anker auf und tuckern mal wieder weiter. Das Ziel für heute ist El Refugio, eine fast rundum geschützte Ankerbucht im Südwesten des Sees. Auch in El Refugio liegen wir mal wieder alleine inmitten eindrucksvoller Natur. Um uns herum bestimmen Urwald und Palmen das Bild, hier und da paddelt ein einzelner Fischer mit Wurfnetz im Kanu und südlich von uns ragen die majestätischen Berge der Sierra de las Minas 3.000 Meter in die Höhe. Wieder einmal erkunden wir mit dem Dinghy die Gegend, wollen den kleinen Fluss, der in die Bucht mündet, zu einer nahegelegenen Mayasiedlung fahren, wo uns aber der Weg wieder einmal von Hyazinthen versperrt wird. Es ist unglaublich schön hier, wie meistens geben die Affen und Vögel ihr Abendkonzert und wir sehen eine Seekuh. Wäre da nicht der Bewegungsdrang der Kinder, würden wir es auch ein paar Nächte länger hier aushalten.

So ein Boot ist ein toller Spielplatz…

Für den nächsten Tag lautet unser Ziel noch einmal Finca Paraiso, da Kira sich wünscht, noch einmal die Wasserfälle zu besuchen. Wir ankern am gleichen Ort wie vier Tage zuvor schon. Leider wird aus dem Wasserfallbesuch diesmal nichts, weil Riki sich beim Einsteigen ins Dinghy am Fuß verletzt (nix schlimmes). Aber Schaukeln, Rutsche und Ball spielen sowie die Aussicht auf ein Eis bei unserer Rückkehr nach Fronteras machen dafür wett.

Von Finca Paraiso motoren wir in drei Stunden zurück in den Rio Dulce. Als wir beim Castillo San Felipe um die Ecke biegen, ist es wie ein Eintauchen in eine andere Welt. Vorbei ist die Ruhe des Sees, wo wir abgesehen von ein paar Fischerkanus kein anderes Boot gesehen haben. Plötzlich schießen die Lanchas (die lokalen Boote) links und rechts an uns vorbei, obendrein ist es auch noch Sonntag, das heißt, dass die geldige Oberschicht Guatemalas mit ihren Motoryachten und Jetskis unterwegs ist und gesehen werden möchte. Wir ankern an einem ruhigeren Fleckchen des Flusses und haben das Gefühl, dass es so langsam wirklich an der Zeit ist, weiter zu segeln. Der Ausflug auf den See war ein guter Anfang und wir sind froh, eine Woche vorher unsere Pläne so kurzfristig geändert zu haben.

Liebe Grüße, Naia, Kira, Riki und Martin

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Ein Kommentar

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