Man nehme eine Blechdose mit einer Handvoll Münzen darin und schüttle sie kräftig. Kann lustig sein und unter Umständen, so als Samba-Rhythmus, ganz cool klingen. Kommt das Geräusch aber in einer ohrenbetäubenden Lautstärke aus dem Motorraum, ist das weder lustig, noch cool, noch lädt es zum rhythmischen Hinternwackeln ein … es klingt blöderweise nach größeren Motorproblemen.

Wie haben wir noch in einem Blogeintrag im April geschrieben? „Hier im kalten und windigen Süden geht das Leben auf dem Boot mit einer ständigen Grundanspannung einher. […] Der Motor ist unerlässlich […]. Dazu kommt die permanente Hoffnung, dass nichts Essentielles kaputt geht. Das allermeiste können wir zwar ohne fremde Hilfe reparieren, eine im falschen Moment streikende Maschine kann hier jedoch schnell gefährlich werden.“ Jetzt ist es so weit, wir sind ein einem schmalen Kanal mit etwa drei Knoten Strömung unterwegs und der Motor klingt, als würde er jeden Moment gehexelte Zahnräder und Kolben aus dem Auspuff spucken. Die erste Reaktion ist natürlich, Gas raus zu nehmen, was an dem Geräusch jedoch nichts ändert. Auch im Leerlauf klingt es kaum anders. Die Maschine zu stoppen kommt nicht in Frage, wir haben keinen Wind zum Segeln, dafür aber umso mehr Strömung. Und wir wissen nicht, ob der Motor danach überhaupt wieder startet. Wir kuppeln rückwärts ein, um herauszufinden, ob das Getriebe das Problem ist – das Geräusch bleibt gleichbleibend, was eher für Motor- und gegen Getriebeprobleme spricht. Im Moment bleibt uns nur zu hoffen und bei reduzierter Drehzahl weiterzufahren. Sämtliche alternativen Ankerbuchten auf dem Weg haben wir im Kopf und im Notfall können wir unsere ARACANGA mit dem Beiboot in eine nahegelegene Ankerbucht schleppen. Nach zehn Minuten ist plötzlich Ruhe, also nicht komplette Ruhe, denn der Motor läuft noch, aber das Blechdosenschüttelgeräusch ist weg. Und gefühlt läuft der Motor sogar ruhiger als sonst. Auch der Ölpeilstab sieht gut aus, keine sichtbaren Metallspäne, kein Wasser. Wir beschließen, durchzuziehen und weiter Kurs auf unser eigentliches Tagesziel zu halten. Währenddessen telefonieren wir mit zwei guten Segelfreunden, die aus der Ferne zwar nicht viel ausrichten können, aber dafür ein paar Ideen und gute Tipps für die Fehlersuche haben. Noch fünf Meilen bis zur Ankerbucht, noch einmal kommt das hässliche Geräusch für einige Minuten zurück, dann ist wieder Ruhe und bald darauf fällt der Anker in einer der Buchten, die wir schon von dem Weg nach Süden her kennen und als sehr sicher befinden … sicher ist wichtig, denn wir wissen ja nicht, wie groß unsere Motorprobleme sind, ob er noch einmal anspringt und wie lange wir festsitzen werden.

Zwei Tage zuvor: Adios Gletscher. Adios San Rafael Lagune. Es waren unvergessliche Tage. Nach unserem zweiten Tag am Gletscher bleiben wir wetterbedingt noch eine Nacht an unserem mittlerweile angestammten Ankerplatz im Rio los Patos, nutzen die Zeit für einen Öl- und Ölfilterwechsel, da wir aufgrund der Kälte immer wieder mit Kondenswasser im Motor zu kämpfen haben, zumindest denken wir, es ist Kondenswasser. Mit frischem Öl, passender Tide und knappem Zeitplan machen wir uns dann am nächsten Tag auf zu unserem ersten Ankerplatz auf dem Weg retour nach Norden. Knapper Zeitplan deswegen, da wir auf den Ebbstrom warten müssen, um die starke Strömung im Rio Tempanos nicht gegen uns zu haben. Der Ebbstrom setzt am späten Nachmittag ein, bis zum Ankerplatz haben wir 14 Meilen und zwei Stunden Tageslicht. Also Leinen los, Anker auf und mit etwas höherer Drehzahl als sonst – um gut voranzukommen und um das restliche Kondenswasser im Öl verdampfen zu lassen – geht es für kurze Zeit gegen die Strömung, bald darauf aber mit dem einsetzenden Ebbstrom rasant und mit zeitweise über 10 Knoten Geschwindigkeit nach Norden. Pünktlich zum Sonnenuntergang fällt der Anker hinter einer Kette kleiner Inselchen auf sechs Meter Wassertiefe. Öl gecheckt – sieht gut aus.
Am nächsten Morgen dann holen wir den Anker mit dem ersten Morgengrauen auf, um die nächste Engstelle bei mitlaufendem Strom zu erreichen. In solchen Engstellen, wo sich sämtliches Wasser durch ein Nadelöhr zwängt, nimmt die Strömung auf sechs, sieben und mehr Knoten Geschwindigkeit zu. Rechnet man nicht mit, hat man diese im blödesten Fall gegenan, dann könnten wir, wenn überhaupt, auf der Stelle fahren.

Es läuft gut, wir Motoren bei Windstille zunächst mit, dann gegen und dann wieder mit der Strömung – der Tidenstrom ändert alle sechs Stunden seine Richtung – weiter nach Norden. Die Kids malen im Cockpit, klettern an Deck und spielen und basteln im Salon. Wir alle genießen es, unterwegs zu sein. Dieses Gefühl hat auch nach vielen Jahren seinen Reiz nicht verloren, oder, wie Kira es ausdrückt: „Papa, ich möchte mindestens 100 mal um die Welt segeln.“ Das monotone Brummen des Motors passt zu den tiefhängenden Wolken und dem grauen Wetter. Hin und wieder zieht ein kurzer Schauer durch, im Cockpit aber sitzen wir sicher und trocken und bei einer Tasse heißem Tee lässt es sich auch bei Schmuddelwetter wunderbar aushalten.
Bis… bis oben beschriebenes Geräusch der eintönigen Ruhe und dem Frieden ein Ende bereitet. In solchen Situationen merkt man schnell, wie klein und verwundbar man doch ist und wie schnell eine entspannte Tuckerfahrt zu einer angespannten Angelegenheit werden kann, selbst wenn noch keine echte Gefahr im Verzug ist. Fällt die Maschine jedoch komplett aus und ziehen dann noch 40 oder mehr Knoten Wind auf, was hier in Patagonien von einer Sekunde auf die andere passieren kann, ist es vorbei mit der Ruhe. Wir sind zwar für fast jede Situation gut vorbereitet und nie ohne mindestens einen Plan B unterwegs, trotzdem können wir gut auf eine Kombination aus Sturm, starker Strömung, engem Kanal und streikende Maschine verzichten. Daher sind wir froh, als der Anker am späten Nachmittag in einer sicheren Ankerbucht fällt und hält und wir für den Moment sicher sind.

Am nächsten Tag dann die große Ernüchterung: Der Ölstand ist viel zu hoch. Zunächst sieht es aus, als ob, auf welchen Wegen auch immer, Diesel ins Öl gelaufen ist, kurz darauf stellt sich dann heraus, dass es Wasser ist, denn allmählich nimmt das Öl die Farbe und Konsistenz von Mayonnaise an – ein eindeutiges Indiz einer Wasser-Öl-Emulsion. Ob Süßwasser aus dem inneren Kühlkreislauf oder Salzwasser aus dem äußeren Kühlkreislauf im Öl ist wissen wir (noch) nicht. Unser Motor, wie die meisten Dieselmotoren von Segelbooten, hat einen inneren, in sich geschlossenen Kühlkreislauf mit Kühlwasser wie ein Auto. Nur, dass dieses Kühlwasser nicht wie beim Auto durch den Fahrtwind, sondern mit Salzwasser über einen Wärmetauscher gekühlt wird. Zunächst muss das Wasser-Öl-Gemisch raus, denn Wasser schmiert nicht und kann das Todesurteil für den Motor sein. Das Problem ist, da wir erst zwei Tage zuvor einen Ölwechsel gemacht haben, ist nicht mehr genug frisches Öl an Bord, um den Motor damit zu spülen und danach neu zu befüllen. Einen letzten Ölfilter haben wir noch… Naia und ich machen uns mit dem Beiboot auf den Weg zu einer Lachsfarm, die wir ein paar Seemeilen entfernt erspäht haben, um dort nach etwas Öl zu fragen. Und wir sind erfolgreich, der Chef drückt uns gleich einen 20-Litereimer in die Hand … für irgendwas müssen diese verdammten Fischfarmen ja gut sein.

Also altes Öl raus, Filterwechsel, Motor spülen, frisches Öl rein, Motor probelaufen lassen. Alles gut. Uns bleibt nichts anderes übrig, als es zu versuchen. Wir telefonieren mit Mike und Kerstin vom Segelboot Salto, die gerade in Puerto Aguirre sind und mit Jaime, dem dortigen Marinabetreiber, und kündigen unser Kommen an. Beide sichern uns zu, uns im Notfall entgegenkommen zu können. Die Windrichtung sieht gut aus, also Anker auf und los. Unterwegs checken wir am Anfang minütlich, später fünf- und dann in etwas längeren Abständen den Ölstand, und es sieht alles gut aus, auch Temperatur und Öldruck sind im grünen Bereich. Mit der Zeit können wir sogar die Landschaft und das Wetter genießen. Der vorhergesagte Süd-Ostwind bleibt leider aus, dafür scheint hier und da die Sonne zwischen den Wolken hindurch. Die Flaute macht das Segeln unmöglich und wir sind für den Weg nach Norden auf den Motor angewiesen. Glücklicherweise läuft er ruhig und ohne hässliche Geräusche. Von einem vorbeifahrenden Fischer bekommen wir im Tausch gegen eine Flasche Wein drei Fische überreicht. Sechs Stunden und 30 Seemeilen nachdem wir den Anker aufgeholt haben machen wir neben Salto am Steg in Puerto Aguirre fest. Uns fällt ein Stein vom Herzen. Hier liegen wir sicher und haben genügend Infrastruktur, um in aller Ruhe den Fehler zu finden und die Maschine zu überholen.
Neben den ganzen Motorproblemen haben wir noch eine tolle Überraschung: Unser langjähriger Partner BLUEFIN hat uns mal wieder ein neues SUP zum testen geschickt. Wir freuen uns schon, dieses in der kommenden Saison auszuprobieren… dicke Neoprenanzüge haben wir ja an Bord. Und wir haben einen Gutscheincode für jeden, der sich ebenso ein SUP von BLUEFIN kaufen möchte. Mit unserem Gutscheincode „ahoi5“ gibt es 5% Rabatt auf alles bei BLUEFIN.
Herzliche Grüße aus Puerto Aguirre, die ARACANGA-Crew

Eine spannende Geschichte aus einer phantastischen Welt – inspiriert von unseren Erlebnissen