2.000 Seemeilen trennen uns von unserem nächsten Ziel, beziehungsweise von unserem eigentlichen Ziel, denn der Stopp in Galapagos war so ja nicht geplant. Die Zeit hier auf Galapagos war zwar kurz, dafür umso intensiver und schöner und entsprechend schwer fällt es uns, den Anker zu lichten. Das spürt die Ankerwinde wohl auch und macht es uns nochmal schwerer, denn sie versagt kurzerhand ihren Dienst. Mist. Also Stirnlampe an und kopfüber im Ankerkasten auf Fehlersuche. Mit Schraubenschlüsseln und Voltmeter ist das Problem schnell gefunden: Das Relais der Ankerwinsch schaltet nicht. Einen Ersatz haben wir nicht an Bord, dafür allerdings ein dickes Motorrelais, das kurzerhand eingebaut wird. Es ist jedoch nicht nur das Relais, auch der Schalter, der das Relais bedient, mag nicht mehr. Glücklicherweise gibt es im Cockpit noch einen zweiten Schalter und so kommt der Anker dann doch noch hoch. Es wäre zwar auch möglich, den Anker von Hand zu lichten, 30 Kilo Anker plus 10mm-Kette zu heben ist jedoch kein Spaß.
Eine Stunde später als geplant ist der Anker gelichtet, und wir sind auf dem Weg nach Süd-Westen. Gerade als wir aus der Ankerbucht fahren wollen, kommt unser Freund Dani mit seinem Taxiboot längs, verabschiedet uns und drückt uns eine Tüte mit Sachen für die Kids in die Hand, aus denen seine Kinder rausgewachsen sind. Danke!
Kurs Süd-West
Der Wind weht mit etwa 15 Knoten aus Süd-Ost und beschert uns angenehmes Segelwetter und ein gutes Vorankommen. Es geht vorbei an Floreana und ein paar kleineren Inselchen, danach liegen bis zur Osterinsel nur endlose Weiten an Wasser vor uns.
Im Gegensatz zur letzten Überfahrt haben wir diesmal Glück mit dem Wind, wir können eine relativ gerade Linie segeln, und vor allem, wir müssen nicht kreuzen. Nach und nach dreht der Wind zu unseren Gunsten und wir fallen etwas ab, so dass dieser immer seitlicher einfällt und aus dem anfänglichen Am-Wind-Kurs ein Halbwind wird. Die Windfahnensteuerung hält den Kurs und wir haben nicht viel mehr zu tun als zu kontrollieren und hier und da etwas zu justieren. Nachts und in den frühen Morgenstunden bekommen wir anfänglich regelmäßig Flaute, nach wenigen Stunden Gedümpel jedoch kommt der Wind zuverlässig zurück und je weiter wir nach Süden und in die Windsysteme der Südhalbkugel segeln, desto seltener werden die Flautenpausen.
Nach etwa einer Woche nimmt die Welle zu und die Segelei wird etwas ruppiger, jedoch kommen wir nach wie vor gut voran und machen durchschnittliche Tagesetmale von 130 bis 140 Seemeilen. Wir binden das erste Reff ins Großsegel, wo es für den Rest der Überfahrt auch bleibt und passen lediglich die Größe der Vorsegel der Windstärke an. An manchen Tagen haben wir gar nichts zu tun, der Wind kommt gleichmäßig und konstant aus einer Richtung, an anderen Tagen hingegen jagt ein Squall mit staken Winden und Regen den Nächsten und wir ändern die Segelfläche im Stunden- oder sogar Halbstundentakt. Abgesehen vom Wetter, das es zu beobachten gilt, ist nicht viel los. Lediglich ein anderes Schiff, ein rostiger chinesischer Fischer, kreuzt am Horizont unseren Weg, ansonsten sehen wir weder auf dem AIS noch am Horizont menschliche Lebenszeichen. Wir leben in unserer eigenen, kleinen Welt. Um uns herum blauer Ozean und blauer Himmel, manchmal Sonne und manchmal ein kleines, harmloses Unwetter, hin und wieder zieht ein Tölpel oder ein Tropikvogel vorbei und vor dem Bug steigen in ganzen Schwärmen die Fliegenden Fische auf.
Es ist kühl geworden an Deck, jedenfalls wenn man wie wir die letzten Jahre in den Tropen verbracht hat. Die meisten Tage verbringen wir langärmlig und nachts holen wir zum ersten Mal die Socken raus. Die Nächte haben wir in altbewährter Manier in zwei gleichlange Wachen aufgeteilt, um zwei Uhr ist Wechsel und dann heißt es „Gute Nacht Riki“ und „Gute Wache Martin“.
Wie bereits bei der letzten Überfahrt sind auch diesmal Kira und Naia völlig in ihrem Element und lassen sich von Schräglage, Wind und Welle nicht stören. Sie bauen Höhlen im Vorschiff – „Das ist jetzt unser Restaurant und ihr müsst zum Essen zu uns kommen“ – kochen groß auf in ihrer Kinderküche, bauen die Holzeisenbahn um den Salontisch und freuen sich, wenn der Zug bei der Schräglage von alleine bergab fährt, sie basteln Weihnachtsdeko bis zum Exzess und malen Bilder wie am Fließband. Lange Strecken zu segeln und gleichzeitig die Kinder bei Laune zu halten ist zwar anstrengend, aber auch gut machbar.
Je weiter wir nach Süden segeln, desto mehr nimmt auch die Dünung zu, die in langen, gleichmäßigen Wogen unter unserer ARACANGA hindurchzieht. Die Richtung der Dünung hat in diesen Breiten nicht viel mit der lokalen Windrichtung zu tun, meist sind es alte Wellen, die von weit im Süden kommen und uns einen kleinen Vorgeschmack auf die nächste Überfahrt geben. Es fühlt sich ein bisschen so an, als ob man langgestreckte Hügel hoch und hinunter segelt, oben hat man einen wunderbaren Rundumblick und kann bis in weite Ferne die anrollende Dünung beobachten, unten ist man im Tal und sieht um sich herum die sanften Wellenberge.
Land in Sicht!
Nach zwei Wochen und etwas über 2.000 Seemeilen (etwa 3.700 Kilometer) tauchen im Morgengrauen die Umrisse der Osterinsel am Horizont auf. Zunächst ist es nur ein kaum wahrnehmbarer Schimmer, die flachen Spitzen der Vulkane sehen eher wie zwei oder drei Inseln aus. Als wir dann langsam näher kommen, verbinden sich die Inselchen zu einer Insel, die Konturen werden schärfer und die Farben kräftiger. Auf einmal weht der Geruch der Insel zu uns herüber, ein erdiger und warmer Geruch, der unsere Vorfreude auf Land und Leute verstärkt.
„Hanga Roa Radio, this is Sailing Vessel ARACANGA“ rufen wir auf Kanal 16. „Bienvenidos“, herzlich willkommen, tönt es aus dem Funkgerät, darauf die Frage nach der voraussichtlichen Ankunftszeit und wir sollen uns doch nochmal kurz melden, kurz bevor wir ankommen. Dann werden uns die exakten Koordinaten für unseren Ankerplatz durchgegeben.
Was für ein Anblick! Nach zwei Wochen Wasser und Himmel segeln wir plötzlich entlang der Küste der Osterinsel, einem der am weitesten vom nächsten bewohnten Land entfernten Ort der Welt. Am späten Nachmittag dann fällt der Anker auf 20 Meter Wassertiefe exakt dort, wo wir angewiesen wurden zu ankern: 27°08,56‘ Süd und 109°26,08‘ West. Kurz darauf liegt schon das Schlauchboot der Armada längsseits, um uns offiziell einzuklarieren. Fünf Beamte kommen an Bord und schnell, unkompliziert, kostenlos und freundlich sind wir eine halbe Stunde später offiziell eingereist.
Jetzt gibt es kein Halten mehr: „Papa, machst Du das Dinghy fertig?“ So gut die Überfahrt mit den Kids geklappt hat, so ungeduldig sind die beiden jetzt, an Land zu kommen.
Herzliche Grüße von der Osterinsel senden Naia, Kira, Riki und Martin
Hey ihr 5 Seebären….
Liebe Grüße aus der Heimat!
Wie immer lese ich begeistert eure einträge und stille damit ein wenig mein Fernweh ! Seit gestern sind wir 9fach oma/opa….von unserer kleinen lotta😊!
Bleibt gesund und schreibt weiter so schöne beiträge…
Lg und frohe Weihnachten euch
Uli u Petra
Einen schönen Aufenthalt auf der Osterinsel. Genießt die Zeit auf dieser so fernen insel. Wieso zu Weihnachten auf die Osterinsel! 😂
Keine Weihnachtsinsel in Sicht ?
Vielen Dank für die tollen Berichte
Liebe Grüße Aus Norddeutschland
Carina
Hallo ihr 4 sind schon irre groß die beiden und richtige Sonnenscheine
Habt eine glückliche Weihnachtszeit auf den Osterinseln
Günter und Uschi
Eine schöne Zeit wünsche ich Euch. LGLore